D/CH 2022, 90 min
FSK 12
Verleih: DCM
Genre: Dokumentation, Biographie
Regie: André Schäfer
Er ist ein Mann der alten Schule. Sorgfältig zieht sich der Schweizer Schriftsteller Martin Suter sein frisch gebügeltes weißes Hemd an, dann die Weste und das Sakko. Die polierten schwarzen Lederschuhe bindet er behutsam, nichts scheint ihn zu stressen. Er zeigt sich als der klassische Intellektuelle, der sich die Haare zurückgelt, fein gekleidet am Strand seinen Espresso genießt und mit ihm das Leben als Schriftsteller, was ihn erst in der zweiten Lebenshälfte zu neuen Höhen aufsteigen ließ.
„Small World“ heißt der Roman, mit dem er Ende der 90er-Jahre mit knapp 50 in der Verlagswelt endlich auf offene Ohren stieß. In seinen Romanen schickt Suter seine Protagonisten auf eine Reise zu sich selbst, mäandernd zwischen Business Class, Mordgelüsten und liebenswerter Skurrilität. Auch wenn es oft ältere Männer sind, so sagt er im Film, seien die Geschichten nicht autobiographisch inspiriert. Schreiben sei keine Therapie, sondern solle ein Geheimnis offenlegen. Diese Geheimnisse werden im Film von Schauspielern und nicht von ihm selbst gelesen.
Denn der Filmemacher André Schäfer verortet in seinem filmischen Porträt den Autor Suter in einer Zwischenwelt aus
Realität und Fiktion. Plötzlich taucht er in inszenierten Szenen aus seinen Büchern auf oder wandelt mit den Protagonisten durchs Bild. Er ist Erschaffer seiner Geschichten und gleichzeitig mittendrin. Da ist das Interessante an dem Film. Das runtergeregelte Tempo macht es manchmal schwer dranzubleiben, aber gerade das ist ja typisch Suter: Er läßt sich durch nichts aus der Ruhe bringen.
[ Claudia Euen ]