Originaltitel: DÉBARQUEMENT IMMÉDIAT
F 2016, 87 min
FSK 12
Verleih: Neue Visionen
Genre: Komödie, Polit
Darsteller: Medi Sadoun, Cyril Lecomte, Slimane Dazi, Reem Kherici
Regie: Philippe de Chauveron
Kinostart: 20.04.17
Flüchtling Karzaoui wurde in Kabul Opfer eines Justizirrtums (Auslöser: eine arg sehbeschränkte Oma) und als kriminell eingestuft, weswegen die Abschiebung beschlossene Sache ist. Übernehmen soll jene José, bald beförderter Grenzpolizist, momentan in Trennung lebend und daher psychisch heftig angeknackst. Doch Schlitzohr Karzaoui denkt gar nicht ans Aufgeben und wehrt sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die, wie es die Medien gern positiv ummantelt formulieren, Rückführung ...
Man braucht da nicht unbedingt eine Kristallkugel im Straps tragen, um Diskussionen zu prophezeien. Unbestritten leben wir in schon mal klüger und weniger wahnsinnig gewesenen Zeiten, daß wieder so viele Menschen weltweit glauben, mit dem Rechten sähe man besser, ist schwer bedenklich, dämliche Worthülsen wie „Gutmensch“ gehören aus dem Sprachgebrauch verbannt, und Verallgemeinerung scheint mittlerweile probates Agitationsmittel. Aufgeheizte Stimmung allerorten. Aber muß MONSIEUR CLAUDE-Regisseur Philippe de Chauveron gleich an die Wand genagelt werden, weil er das Migrationsthema zum Zentrum keines Dramas, sondern eines zum Überfluß auch noch derben, ziemlich unkorrekten Lachstücks machte?
Wenn jeder Sturm im Wasserglas verebbte, die Komödie schlicht Komödie sein darf, objektiver Blick und wiedergefundene Verhältnismäßigkeit glühende Wut ablösten, dann bleibt erwähnt wenig hintersinniger Humor, welcher sonst eher amerikanischen denn europäischen Produktionen innewohnt, inklusive enthemmter Tanzszenen und einer schlagkräftigen Dame. Überhaupt holt de Chauveron recht unerwartet immer mal richtig aus, läßt José in einer zwecks Entspannungsgründen aufgesuchten Bumsbude „Still Loving You“ von den Scorpions kreischen (was nicht wesentlich schlimmer als das Original klingt), befördert einen sanften Rosenverkäufer flugs zum bärbeißigen Bodyguard und kommt schließlich auf Lampedusa an, wo sich der Spieß um 180 Grad dreht und jetzt unser tunnelblickender Gesetzeshüter Repressalien erleidet.
De Chauveron gefällt es, gewissermaßen eine französische Anti-Komödie zu drehen, sich den Normen zu verweigern, ausgenommen natürlich die Botschaft, daß gerade aus Gegensätzen freundschaftlicher Einklang entstehen könnte. Man mag vom Endprodukt – bitte erst nach dessen Ansicht – halten, was man will, zur politischen Angriffsfläche taugt es nicht.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...