Originaltitel: ANGEL-A

F 2005, 90 min
Verleih: Tobis

Genre: Liebe, Schräg

Darsteller: Jamel Debouze, Rie Rasmussen, Gilbert Melki

Stab:
Regie: Luc Besson
Drehbuch: Luc Besson

Kinostart: 01.06.06

Noch keine Bewertung

Angel-A

Herrlich naives Kleiner-Mann-Was-Nun?-Märchen mit einer Prise Kitsch

Luc Besson ist ein recht kleiner, korpulenter Mann mit einem Hang zu langbeinigen Frauen. Daher mußte er Milla Jovovich zum Kinostar machen, zu seiner zeitweiligen Liebe auch. Luc Besson ist ein recht kleiner, korpulenter Mann, der von manchem verlacht wurde ob seiner spinnerten Kinoträume, der sich freigestrampelt hat und einer der ganz Großen im französischen Kinozirkuszelt wurde. André, der großäugige Held in Bessons ziemlich abgefahrenem Märchen, ist ein recht kleiner, korpulenter Mann, dem eine sehr langbeinige Frau begegnen wird.

Dieser André ist außerdem ein recht kleiner, korpulenter Mann mit ungebündelter Phantasie, die ihm schon mal blutschnaubende Ganoven auf die Fersen ruft. Und weil er bald arg bedroht und endlos verzweifelt ist, steht er auf einer dieser pittoresken Brücken von Paris, die zum pathetischen Abschied geradewegs gemacht scheinen. Doch halt, was ist das denn - eine Reminiszenz an Patrice Lecontes herzbebende Liebesballade DIE FRAU AUF DER BRÜCKE? - steht doch plötzlich ein sehr blondes, sehr langbeiniges Wesen neben ihm. Und springt. André wird zum Retter und ist doch nur Teil eines göttlichen Plans: Angela ist geschickt worden, um André auf den Pfad der Lebensfreude zurückzuholen. Ja, richtig gelesen, sie ist ein Engel! Einer, der einem die Bude vollraucht, ein Flittchen, das sich nimmt, was es braucht, wann immer es not tut. Von ihr wird André nicht nur zum Leben zurückgeführt, auch wahrhaft Wahres wird ihm angetragen: Männer sind meist tumb, verschlossen, Jäger eben, Frauen hingegen ehrlich, sensibel, klug. Auf den Verstand kann sich aber auch bald Angela nicht mehr richtig verlassen, denn sie verstößt gegen die lex divina: sie verliebt sich in den kleinen Mann ...

Es ist absurd, es ist banal, es ist bisweilen etwas verquasselt, aber es ist so wunderbar naiv, so traumwandlerisch, diese Mär von stolpernden Menschen und fallenden Engeln. Wie besessen versucht Besson, eine Kinoliebesgeschichte amerikanischer Lesart mit den Mitteln europäischen Geschichtenerzählens zu verbinden. Dazu gehört natürlich dieses betäubende Schwarz-Weiß, eingebettet in einen schwermütigen, mal wild vibrierenden, mal fragil zitternden Soundtrack, dazu gehört dieser Wagemut, den Helden Sätze in die lebensmüden und liebesschweren Münder zu legen, mit denen sie doch tatsächlich versuchen, die Liebe an sich zu erklären! Ein ungehöriges, sympathisch großmeierisches Unterfangen also, das - an den Ansprüchen eines Messer wetzenden Feuilletons - scheitern muß. Aber auf entzückende Weise und in sattem Cinemascope erinnert es eben auch daran, wofür das Kino gemacht ist: für das kindliche Träumen, das Übertreiben, das Herz-über-Kopf-Gefühl, die Lüge, die Illusion. Und Besson bleibt nun mal ein Kindskopf, ein sich austobender Struwwelpunk, der mit diesem Film für sich auch beansprucht, zu seinen Wurzeln zurückzukehren.

Nach fulminantem Einstieg wird die Pforte zu einem Reich aufgestoßen, das durchaus als Hort Bessonscher Philosophie verstanden werden darf. Und da steht dann so Unverrückbares wie daß ein 300 Jahre alter Engel zwar keine Vergangenheit hat, aber Ansprüche auf eine Zukunft äußert. Fabelhaft und - liebes Feuilleton - einfach zu schade zum Zerpflücken. Superkitsch ist inklusive in diesem chant d’amour auf ein fast menschenleeres Paris.

Hier und da "hilft" Besson, der Erklärer, seinem Publikum. Seine Figuren sind einander der Widerschein, Licht und Schatten, Schwarz und Weiß, geerdet und beflügelt. Verstanden? In der effektvollen Schlußsequenz übrigens, da wird aus Besson gar ein geistiges Kind Walt Disneys.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.