D/F 2024, 102 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen
Genre: Dokumentation
Regie: Victor Kossakovsky
Kinostart: 03.10.24
Auf das Wachsen der Tiere mußte das Schrumpfen des Menschen folgen. Victor Kossakovsky, der russische Dokumentarfilmer, hatte zuletzt in GUNDA die Tiere eines Bauernhofes in unmittelbaren Bildern eingefangen. Er brachte ihren Alltag mittels geschickter Perspektivverschiebung überlebensgroß auf die Leinwand. Der Mensch als Bezwinger im Hintergrund steht nun vor den sinnbildlichen Trümmern und Überresten dessen, was er auf der Erde geschaffen und zerstört hat. Von früheren Zivilisationen stehen alte Ruinenteile, Brocken und Baukunstwerke in Landschaften. Totes, Vergangenes, aber Bedeutungsvolles. In dessen Dimensionen erscheinen Mensch und Tier gleichermaßen machtlos, winzig klein. Und was hinterlassen wir heute? Berge an Schrott, zementierte Ödnis.
ARCHITECTON arbeitet auf eine Standpauke hin, die die Frage nach einer neuen, nachhaltigen Bauweise jenseits des tristen Betons stellt, mit dem der Mensch die Umwelt verschmutzt und Ästhetik der Funktion unterordnet. Was früher gebaut wurde, um Jahrtausende zu überdauern, überlebt heute nur wenige Jahrzehnte, bis es als Haufen, Halde und Wüste endet. Bis zu besagter Standpauke vergehen knapp anderthalb Stunden mit gewaltigen, teils mit verblüffenden Zeitlupen arbeitenden Aufnahmen.
Kossakovsky hat sich wiederholt der Natur, den Elementen, Spannungsfeldern zwischen Belebtem und Unbelebtem, Kontrollier- und Unkontrollierbarem gewidmet. Wie er dieses Mal rutschendes, zerstörtes, spritzendes, gesprengtes und geformtes Gestein, Verarbeitungsprozesse, Kriegsschauplätze und Gebäude in Szene setzt, schöpft aus dem eher spröde anmutenden Thema des Baumaterials ein Kino, das staunen läßt.
[ Janick Nolting ]