Originaltitel: FIRST MAN
USA 2018, 142 min
FSK 12
Verleih: Universal
Genre: Drama, Historie, Biographie
Darsteller: Ryan Gosling, Claire Foy, Kyle Chandler
Regie: Damien Chazelle
Kinostart: 08.11.18
Man kann es gleich vorweg sagen: Das kann eben doch nur Kino! Eine Geschichte, bekannt genug, daß sie zumindest in der westlichen Hemisphäre tief im Bewußtsein verankert ist, noch einmal so zu erzählen, daß man sie wie neu erlebt. Daß man zwei Stunden gebannt und – ja, auch das– berührt ist. Hoffend, daß dieses Abenteuer da vorn auf der Leinwand gut endet. Und das, obwohl man ja genau weiß, daß diese Hoffnung nicht enttäuscht werden wird.
Aber die Bereitschaft, genau dieses Wissen hintenan zu stellen, sich für die Länge eines Films bereitwillig in eine Quasi-Amnesie zu begeben, gehört zu den wohl magischsten Möglichkeiten des Kinos. Guten Kinos natürlich! AUFBRUCH ZUM MOND gehört dazu. Ein Film über die Apollo-11-Mission, die Mondlandung der NASA, über Neil Armstrong und dessen „großen Schritt für die Menschheit.“ Und ein Film auch über den oft sehr brüchigen Stoff, aus dem die Helden sind.
Damien Chazelle hat AUFBRUCH ZUM MOND gedreht. Und nicht ohne Witz ist, daß der Regisseur seinen Hauptdarsteller Ryan Gosling in ihrer gemeinsamen Vorgängerarbeit noch schwerelos in den Sternenhimmel tanzen ließ. Und das im wahrsten Sinne, im Musical LA LA LAND; jenem Film, in dem Chazelle schon einmal zeigte, wie man klassische Erzählkonventionen so aufbereitet, daß sie ihre Konventionalität verlieren und ihre Klasse bewahren. In AUFBRUCH ZUM MOND führt der Mann das erneut mit Bravour vor.
Zeitlich setzt der Film dort an, wo einst Philip Kaufmans DER STOFF, AUS DEM DIE HELDEN SIND endete. Also bei den Überschallflügen des Mercury-Programms, denen das NASA-Gemini-Programm mit einer in Zeiten des Kalten Krieges freilich auch ideologisch motivierten Mondsüchtigkeit folgte. Kaufmans immer noch packendes 184-Minuten-Werk steht dabei durchaus Pate für das, was jetzt Chazelle unternommen hat: das Protokollierende der Ereignisse zwischen familiären Konflikten und dem großen Abenteuer des Weltraums, der Reise zum Mond samt der harten, auch Menschenleben kostenden Arbeit, die der vorangeht.
Chazelle zeigt das ganz ohne patriotisches Gedöns und skizziert einen Armstrong-Charakter, der eben alles andere als frei von Fehlern und Untiefen ist. Und wenn sich dann dennoch ein gewisses Pathos zum Finale hin ausbreitet, bricht zugleich die dafür obligate Musik (Konvention) perfekt getimt ab. Auf das sich im Kinosaal die erschreckende Stille, Weite und Schönheit des Weltalls ausbreite. Und ja: Das hat echt Klasse.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.