"Wenn Sie das glauben, würde ich Sie für noch ahnungsloser halten, als ich das sowieso schon tue." Hough, der Fußballphilosoph hat zu Gerhard Delling gesprochen. Ein Günter-Netzer-Satz fürs Poesie-Album. Er paßt in allen Lebenslagen und ganz besonders auf diese komisch gemeinte Filmbiographie. Glaubt man nämlich Regisseur und Autor Gil Mehmert, dann ging die Menschwerdung des sprichwörtlichen Standfußballers Netzer so:
Im Kleinstadt-Mief des Jahres 1965 putzte ein junger Mann sein liebstes Tipp-Kick-Männchen vom roten Knöpfchen bis zu den Sohlen und gewann nicht nur das Turnier, sondern auch das Herz der Fotografin Marion. Im Lustrausch geriet das metallene Figürchen in Vergessenheit, fiel in ein Bad mit Fotochemikalien, ein ebenso haltloser Lockenstab rutschte hinterher. Der Ursuppe entstieg ein Günter in Lebensgröße, um bald darauf mit geklauter Damen-Perücke und einem Trainingskumpel, der unbedingt Berti genannt werden wollte, deutsche Fußball-Geschichte zu schreiben.
Nun ist es im Kino nicht anders als auf dem Rasen: Wir brauchen Spieler, die rechts wie links können, die einen schrägen Angriff ordentlich zu Ende führen. Gil Mehmert landet bei diesem Versuch auf dem Hosenboden. Denn seine Golem-Variante ist so unwuchtig erzählt und gestaltet, daß sie von schräg nach schief kippt, von der wirklich skurrilen Idee in den uninspirierten Nonsens. Wackelnd wie der Netzer-Androide schreitet auch der Film voran. Furchtbar bemüht und oft schrecklich pointenlos sind die Überleitungen, mit denen die nächste Szene am Schopf herbeigezogen wird - eine Dramaturgie aus "echten Dellings" gewissermaßen. Derweil verwaist die Liebesgeschichte zwischen Marion und ihrem Pullunder tragenden Tischfußballer vor psychedelischen Tapetenmustern.
Mehmerts als "Märchen für Erwachsene" firmierende Schöpfungsfabel sonnt sich ziemlich faul im kultigen Glanz des Scheitels der Nation und verläßt sich darauf, daß man auf einen guten Scherz gern auch mal länger wartet. Machen wir! Schlimmer ist, daß dieses kunterbunte und schludrig gearbeitete Comedy-Denkmal für den Poète maudit des runden Leders in jeder Hinsicht auf spielerische Eleganz pfeift.
D 2004, 88 min
Verleih: Timebandits
Genre: Komödie, Schräg
Darsteller: Arndt Schwering-Sohnrey, Eckhard Preuß, Mira Bartuschek, Christoph Maria Herbst
Stab:
Regie: Gil Mehmert
Drehbuch: Gil Mehmert
Kinostart: 16.12.04
[ Sylvia Görke ]