Wenn man nicht wüßte, daß Veit Helmer schon lange an diesem Liebesmärchen im Umfeld der russischen Raketenabschußbasis plante, man hätte BAIKONUR für die fiktionale Fortsetzung von Christian Freis Dokumentarfilm SPACE TOURISTS halten können. Da sind auf der einen Seite die Nomaden, die vom Sammeln des bei Start und Landung auf die Steppe herabfallenden Weltraumschrotts leben, und auf der anderen Seite gibt es eine millionenschwere junge Weltraumtouristin, die sich in Baikonur ausbilden und von dort ins All schicken läßt. Was im Dokumentarfilm nebeneinander steht, zwei Lichtjahre entfernte Welten, fügt Helmer zusammen.
Der junge Iskander, der in seinem Zelt eine Funkanlage betreibt und selbst davon träumt, in Juri Gagarins Fußstapfen zu treten, verliebt sich in die Fernsehbilder von der jungen und schönen französischen Weltraumtouristin Julie. Und dann fällt sie ihm quasi direkt in den Schoß. Das heißt, ihre Kapsel landet auf dem Rückweg zur Erde nicht ganz korrekt. Iskander findet die Bewußtlose, trägt sie in sein Zelt und küßt sie wach. Wie es sich für ein Märchen gehört. Doch weder an die unendlichen Weiten des Weltraums kann sich seine Prinzessin erinnern, noch an ihre Identität.
Eine schlichte wie überzeugende Idee. Und genau die richtige Grundlage für Helmers abstrusen Humor, seinen unbedingten Romantizismus, seine Vorliebe für die Arbeit mit internationalen Teams. All das findet man schon in TUVALU. Doch obwohl die Koordinaten für diesen Höhenflug stimmen, auf dem Weg zur Erde landet der Film wie seine Protagonistin kurz daneben. So naiv und plakativ fällt die Geschichte in der Umsetzung aus, daß man sich als Zuschauer doch schon etwas unterfordert fühlt. Den Bildern fehlt es an Sorgfalt, dem Humor an Tiefgang, und der Anschub läßt auf sich warten. Spannung war allerdings noch nie Helmers Spezialität.
Was bleibt, ist eine romantische Idee, der Geist von Juri Gagarin und das Verdienst des Regisseurs, als Erster Szenen für einen Spielfilm am Originalort Baikonur gedreht zu haben. In einer Szene überreicht Julie ihrem Bewunderer eine Schallplatte mit Begrüßungsformen in diversen Sprachen der Erde, gemacht für die intergalaktische Kontaktaufnahme. So sieht die schöne Welt des Veit Helmer aus, Grußbotschaften aller Völker. Schade nur, daß er in den luftleeren Raum funkt.
D/Rußland/Kasachstan 2010, 94 min
FSK 0
Verleih: X Verleih
Genre: Romantik, Komödie
Darsteller: Alexander Asochakov, Marie de Villepin
Regie: Veit Helmer
Kinostart: 20.10.11
[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...