Man muß ja nun kaum alles mögen oder auch bloß kennen, musikalisch gesehen schon gar nicht, und Hip-Hop ist wohl gerade so eine ganz eigene Sache. Frei heraus: Wenn Q-Tip, bekanntestes Mitglied der Band „A Tribe Called Quest“, sich mit dicker Hose hinstellt und verkündet, daß „ ... der Scheiß einem Nigger echt viel bedeutet“, verleiern sich die Rezensentenaugen Richtung Haaransatz. Michael Rapaport, ewiger Kleindarsteller, findet so was hingegen offenbar total gut und hat deswegen eine Doku über die persönliche Lieblingsband gedreht. Yo, Brother!
So beleuchtet er den Werdegang seiner Götter von der Gründung bis zur Auflösung und bemüht sich, dem akustisch dankbaren Sujet außerdem visuell einige interessante Seiten abzuringen. Mit Erfolg: Animierte Sequenzen, auf Kinderfotos in die Kamera grinsende spätere Stars, ein Panoptikum bunter Einsprengsel und nicht zuletzt die zwar ruhelose, indes nie hektische Kameraführung brechen übliche Standards von rumsitzenden Interviewpartnern. Letztere treten allerdings kaum aus den vorgegebenen geistigen Bahnen heraus. Okay, eventuell ist es sogar für Außenstehende recht witzig zu erfahren, woher der Fachausdruck „Phat Ass“ stammt, zudem mögen manche Lebensgefühlsbeschreibungen treffend klingen, doch insgesamt dürfte die thematische Palette nun nicht gar so sehr auf „Dann haben wir dieses und jenes getan“ fokussieren. Das konnten andere Musikdokus schon besser, man denke an ONLY THE STRONG SURVIVE.
Interessanter gerät Rapaport das letzte Drittel, welches er dem Zerwürfnis zwischen Q-Tip und Phife Dawg widmet. Erstmals erweitert sich der Tellerrand, stehen objektivere Fragen nach Freundschaft und Zusammenhalt (nicht nur) im Musikgeschäft an. Schade bloß, daß Rapaport es gefällt, seine eigene Sicht auf die Dinge zu vermitteln – die Auswahl des zum Endschnitt gebrachten Materials sowie dessen Montage machen überschnell klar, wessen Position der Mann vertritt. Wie sonst wäre erklärbar, welchen Raum Phifes Meinung plus Diabetes inklusive folgender Nierentransplantation eingeräumt bekommt, während Q-Tip lediglich kurze Satzfetzen vom Schlag „Ich bin nicht egoistisch“ einwerfen darf? Selbst die versöhnlichen Worte am Schluß täuschen darüber nicht hinweg.
Bleibt demnach ein Projekt von einem Fan für Fans – nicht wirklich übel, aber deutlich ausbaufähig. Vielleicht wäre weniger Anbetung hilfreich gewesen ...
Originaltitel: BEATS, RHYMES & LIFE
USA 2011, 98 min
FSK 12
Verleih: mindjazz
Genre: Dokumentation, Musik
Regie: Michael Rapaport
Kinostart: 26.07.12
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...