Originaltitel: BEAUTIFUL BOY
USA 2018, 121 min
FSK 12
Verleih: NFP
Genre: Drama
Darsteller: Timothée Chalamet, Steve Carell
Regie: Felix van Groeningen
Kinostart: 24.01.19
Unglaublich: dieser einst so süße Kerl, dieses gelockte, phantasiebegabte Kind, dieser schöne Junge – nun ein einziges Wrack, gezeichnet von LSD, Crystal Meth, Heroin. Ein Vater erkennt seinen Sohn nicht mehr und begibt sich in einen Kampf, bei dem er eigentlich keine Chance hat. Denn Nicolas kann niemand helfen, die Sucht hat ihn komplett im Griff, einzig Totalzusammenbruch und Nahtoderfahrung könnten das Tor für einen Ausweg sein.
Jeder, der sich mit dem Thema Drogenabhängigkeit im Ansatz beschäftigt hat, weiß, daß in den meisten Fällen elterliche Hilfe so überhaupt nichts ausrichten kann, im Gegenteil: Druck und Erwartungshaltungen treiben das Kind umso stärker aus dem Haus und in das Labyrinth seiner Sucht. Diese Erfahrungen wird auch David machen, doch sein Kampf um seinen Sohn Nic, davon erzählt dieser anrührende Film wahrlich herzzerreißend, ist für ihn dennoch unvermeidlich. David glaubte, seinen Jungen in- und auswendig zu kennen und sieht nun ein Monster, einen von häßlichen Dämonen Besessenen, einen Fremden. Und doch kämpft er um ihn, auch wenn er sich anhören muß, daß die derbsten Rückschläge Teile des Prozesses sind, oder wenn Nic ihn anschreit, daß er ihn erdrücke mit seiner Fürsorge, woraufhin der Vater seine Wut rausläßt, als hätte Nic diese Pest verdient. David, voller väterlicher Liebe, läßt dabei wahrlich nichts aus, er probiert sogar die Drogen selbst, um zu verstehen.
Der Erzähler dieser Geschichte, der großartige THE BROKEN CIRCLE-Regisseur Felix van Groeningen, ist dem Vater voraus, er konzentriert sich auf das „Ist“, die Frage nach dem „Warum?“ führt zu nichts. BEAUTIFUL BOY ist in seiner Intensität auch eine Herausforderung für den Zuschauer, auf die es sich unbedingt einzulassen gilt. Eine Familie an ihren Grenzen, ein noch sehr junger Mensch bereits am Abgrund – es gibt wahrlich beschaulichere Kinomomente, doch unsere Empathie muß Oberhand bewahren, und die Schauspieler leisten Großartiges, um diesen unfaßbaren Schmerz, diese immense Angst vor dem Totalverlust zu verdeutlichen.
Vor allem Timothée Chalamet zeigt hier, daß er weitaus mehr kann als die zu übermäßig gefeierte blasierte Jungmännlichkeit aus CALL ME BY YOUR NAME. Wenn Nic und David sich umarmen, wie sich eben nur wirklich liebende Menschen umarmen können, und sich mit diesem „Everything“ ihrer tiefen Zuneigung versichern, dann bleibt einem im Kino nichts anderes als zu weinen.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.