Originaltitel: BEL AMI
GB 2011, 102 min
FSK 12
Verleih: StudioCanal
Genre: Historie, Literaturverfilmung, Liebe
Darsteller: Robert Pattinson, Uma Thurman, Christina Ricci, Colm Meaney, Kristin Scott Thomas
Regie: Declan Donnellan, Nick Ormerod
Kinostart: 03.05.12
Großdeutsche Revuen von gegeltem Schmäh, schmissige Lieder zu geschmissenen Beinen – der deutschsprachige Film hat Willi Forst und Johannes Heesters manches zu verdanken. Mindestens aber sorgten sie dafür, daß ein gewisser Georges Duroy von der literarischen Figur zur (leider singenden) Leinwandberühmtheit avancierte, und Guy de Maupassants windiger Romanheld selbst für hiesige Nichtleser ein guter alter Bekannter wurde.
Über Georges „Bel Ami“ Duroys neuerlichen Besuch im Kino soll das Wesentliche gleich und rundheraus gesagt sein: Es wird nicht gesungen, nirgends ein Hauch von schlageresquer Vertraulichkeit. Denn das britische Theaterduo Donnellan/Ormerod bemüht sich in seinem Leinwanddebüt um einen sozusagen erwachsenen Zugang zur Vorlage, der Anschluß an das internationale Historienfilmwesen sucht. Dazu gehört gemäß dem Dernier Cri auch Mäßigung in Ausstattung und Farbmalerei, die dem Authentizitätsfanatiker gefallen mag, dem Genre jedoch manchmal seinen genuinen Zauber zu nehmen droht.
Sei’s drum. Mit Sinn für das Repetitive in der Geschichte des prototypisch gewordenen Parvenüs, bedauerlicherweise auch mit einem gerüttelt Maß an vornehmer Blässe und industrieller Austauschbarkeit, stürzen sich Donnellan und Ormerod ins Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts, in dem Dirnen und Damen kaum voneinander zu unterscheiden sind. Mittenmang der ewig abgebrannte Ex-Soldat und talentlose Möchtegern-Journalist Georges, ein Bursche mit hübschem, aber hohlem Kopf, dessen gossenerprobter Instinkt ihn eine Hintertür zur sogenannten besseren Gesellschaft, sogar in die Schaltzentralen der zeitgenössischen Politik finden läßt. Sie führt über die Betten von Madame de Marelle, Madame Rousset und Madame Forestier – hinein in den Einflußbereich der düpierten Ehemänner.
Ja, er hat Glück bei den Frau’n, dieser Bel Ami. Doch er hat das Pech, ihnen hier in Gestalt von Robert Pattinson zu begegnen. Bis(s) vor kurzem verdiente der seine Brötchen als romantischer Vampir in den TWILIGHT-Filmen, für die eine gekräuselte und eine geschürzte Lippe genügt haben mochten. Mit welchen Waffen aber einem solchen Heer von differenzierter Filmweiblichkeit zu begegnen sei, welche schauspielerische Tiefe ein oberflächlicher Charakter verlangt, wurde ihm geradezu böswillig verschwiegen. Und dann durfte er noch nicht einmal singen …
[ Sylvia Görke ]