Originaltitel: BELOW HER MOUTH
Kanada 2016, 91 min
FSK 16
Verleih: Weltkino
Genre: Drama, Erotik, Schwul-Lesbisch
Darsteller: Erika Linder, Natalie Krill, Sebastian Pigott, Mayko Nguyen
Regie: April Mullen
Kinostart: 13.04.17
Als heteronormative Rezensentin über einen Film zu schreiben, in dem zwei schöne Frauen hauptsächlich lange, oft und explizit beim Sex gezeigt werden, der aber ansonsten nichts wirklich Aufregendes zu bieten hat, geht mit einem Millisekunden andauernden Reflex der politischen Korrektheit einher: ist doch wichtig, weil lesbischer Sex zu sehen ist. Wirklich?
Ja, auf der einen Seite müssen die medial unterrepräsentierten Frauen natürlich aufholen. Es sollte ganz viel Sex von Frauen mit Frauen zu sehen sein. Auch daß April Mullens gesamtes Filmteam aus Frauen besteht, ist wunderbar, denn auch in der Filmbranche sind Frauen in den meisten Positionen unterbesetzt. Ebenso toll, daß das schwedische Model Erika Linder, hier in der Rolle der Dallas zu erleben, erst als Mann „gecastet“ auf den Laufstegen der Welt Furore machte und damit irgendwie auch eine Bresche für die Egalität von Geschlecht schlägt.
Trotzdem kann man die fade Handlung dieser Liebesgeschichte nicht schönschreiben. Klingt der Titel BELOW HER MOUTH schon verdächtig nach Softporno, so macht es die stereotype Rollenverteilung, die, wenn es sich um eine heterosexuelle Romanze handeln würde, noch offensichtlicher „Cheesy“ wäre, nicht besser. Erinnern Sie sich an die berühmte Cola-Werbung mit dem schwitzenden Bauarbeiter?
Hier gibt Linder die Dachdeckerin, im stylish dreckigen Shirt und mit leicht prolliger Tomboy-Attitüde. Die wallehaarige Moderedakteurin Jasmine sieht ihr derweil im seidenen Morgenmantel beim Nageln zu. In gleicher Niveauliga wird dann auch noch der passende Dachdeckerwitz nachgeliefert. Har har har ...
Auf einer Party begegnen sich die beiden wieder, und das eine führt zum anderen. Jasmine ist aber verlobt. Mit einem Mann. Und soweit auch schon der dramatische Rahmen der Geschichte. Daß der Sex der beiden Hotties mit Liebe zum Detail gezeigt wird, dürfte übrigens eine größere Zielgruppe als die Lesbenszene begeistern. Aber wie wäre es eigentlich mal mit Sex von ganz „normal“ schönen Frauen, so mit echtem Schweiß und Speckfalten? Oder wenn schon Posterschönheiten, dann vielleicht wenigstens mit sinnstiftenden Dialogen?
Und muß es eigentlich immer ein Coming Out sein, das den oftmals einzigen dramatischen Höhepunkt von gleichgeschlechtlichen Liebesfilmen ausmacht? Wie auch immer: Zwei vögelnde Frauen machen jedenfalls noch keinen Film.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...