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Beresina oder Die letzten Tage der Schweiz

Bissig-chaotische Groteske

Daß die Schweizer bitterböse, teilweise beinahe skandalöse Satire über sich selbst und ihr Land inszenieren können, davon gelangt leider allzu selten ein Zeugnis auf deutsche Leinwände. Daniel Schmid, 1941 geboren und eher als selbstironischer Opernregisseur bzw. theaternaher Dok-Essay-Autor etabliert, liefert nun mit BERESINA ein fulminantes, wenn auch vergleichsweise konventionelles Exempel ab, in welchem der chauvinistisch-nationalistische Altherrenmief der Alpenrepublik sein Fett wegkriegt.

Irina, ein russisches Call Girl, kommt ans Ziel ihrer Wünsche - in die Schweiz. Der honorige Anwalt Dr. Waldvogel und dessen Freundin nehmen das Vögelchen unter ihre Fittiche und führen es ein in die Kreise der Mächtigen - freilich aus recht egozentrischen Motiven. Das Mädchen soll ein wenig spionieren, denn die Anwaltspraxis läuft schlecht. Sie gerät an den pensionierten Zwei-Sterne-General Sturzenegger, einen alten Kommunistenfresser und fanatischen Landesverteidiger, mit dem sie immer wieder den "Beresina-Alarm" spielen muß: ein scheinbar vergessenes Manöver der Geheimarmee Kobra, vor Jahrzehnten von tapferen Saubermännern vorbereitet, um die Schweiz vor linker Unterwanderung zu bewahren...

In höchstem Maße blauäugig hofft die junge Russin, auf diesem abenteuerlichen Weg eine lebenslange Aufenthaltsgenehmigung zu ergattern - für ihr Traumland, in eben welchem sie die ganze Zeit über bis an ihre schönen Knie durch einen Sumpf aus Nationalismus, Korruption und Lügen watet. Irina trifft Militärs, raffgierige Bankdirektoren, opportunistische Abgeordnete - und ihre begeisterte Klientel will im Gegenzug immer nur das Eine. Unversehens wird die Heldin beim Verkehr mit der eidgenössischen Elite zur entscheidenden Figur in einer verworrenen Intrige: Die Gruppe Kobra lebt, und Irina selbst löst schließlich tatsächlich den "Beresina-Alarm" aus. Tödliche Zwischenfälle und erstaunliche Sexpraktiken werden ganz beiläufig und gerade dadurch überaus komisch in Szene gesetzt. Slapstick meets political subversion, Lubitsch und Mel Brooks lassen grüßen.

[ Anne Riordan ]