Originaltitel: BERGMAN ISLAND
F/D/Belgien/S/Mexiko 2021, 112 min
FSK 12
Verleih: Weltkino
Genre: Drama
Darsteller: Tim Roth, Vicky Krieps, Mia Wasikowska, Anders Danielsen-Lie
Regie: Mia Hansen-Løve
Kinostart: 04.11.21
Wer nie dort war, wird nicht ermessen können, was die Insel Fårö für Ingmar Bergman bedeutet hat. Weshalb er dort lebte, drehte, starb. Wer Fårö kennt und Bergman dazu, spürt es. Wer allerdings mit dem Konvolut des schwedischen Großmeisters nicht viel anfangen kann, wem die Filme weder gut noch weh taten, wer sie vielleicht nicht einmal gesehen hat, weil er sich eher für Kleinkunst interessiert und pur touristisch durch Gegenden streift, der könnte sich besonders im ersten Teil von BERGMAN ISLAND rausgeschossen fühlen. Die spätere Offenbarung, die der Film bereithält, würde er verpassen.
Selbstreflexion, Selbstbespiegelung – Selbstinszenierung? Regisseurin Mia Hansen-Løve hat im ehemaligen Wohnhaus Bergmans, längst reserviert für Residenzen, gelebt und gearbeitet. Auch in der Mühle nebenan. Sie verehrt sein Werk, war mit einem namhaften Kollegen liiert, hat mit ihm ein Kind. Und wovon handelt der Film? Von einem (Film-)Künstlerpaar, er erfolgreicher als sie, mit Tochter, die für die Reise der Eltern bei Oma geblieben ist. Chris und Tony – sie Deutsche, er Amerikaner – wollen, umhüllt von Bergmans Aura, schreiben und sich trotzdem nahebleiben, obwohl das Bett aus SZENEN EINER EHE noch im Schlafzimmer steht und schon für zahlreiche Trennungen gesorgt haben soll.
Tony zeigt seine Filme im Museum, geht auf Bergman-Safari, nimmt den Geist des Inspirators ohne Mühe auf, während Chris schon wieder hängt. Kleine Ausbüxereien helfen ihr, die Gemeinsamkeit nicht zu verlieren. Eine Spritztour mit einem Filmstudenten, Ullahau zu zweit anstatt Lamm-Burger mit Bergman-Jüngern. Das Klima zwischen Chris und Tony bleibt aufrichtig gut. Man sieht ihnen gern bei ihren Gesten zu. Sehr feine Szenen mit Fårö-Originalen sorgen für ein Lächeln.
Als man glaubt, vielleicht schon alles gesehen zu haben, und nur noch darauf wartet, daß ein mutmaßlich heftiger Streit wie eine Machete ins Miteinander haut, beginnt im Grunde ein zweiter Film. Denn Chris erzählt Tony das Sujet ihres neuen Werks, zwei Figuren tauchen auf als Fiktion im Realen, ein junges Ex-Paar, das nicht voneinander loskommt, ringt und all den Schmerz und die heikle Lust des Wiedersehens erfährt.
BERGMAN ISLAND bekommt neben viel Licht und Leicht in der Inszenierung, viel Ingmar und Drama und noch mehr Fårö Schwung, der, man hätte es anfangs kaum gedacht, dieses Kinostück unaufdringlich schön macht.
[ Andreas Körner ]