Originaltitel: BIRTH

USA 2004, 100 min
Verleih: Warner

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Nicole Kidman, Cameron Bright, Lauren Bacall, Peter Stormare, Anne Heche, Danny Huston

Regie: Jonathan Glazer

Kinostart: 23.12.04

Noch keine Bewertung

Birth

Brillant besetztes und grenzensprengendes Drama um Reinkarnation, Hoffnung und Liebe

Für diesen Film muß man etwas mitbringen. Den Glauben an das Unglaubliche, die Hoffnung auf grenzenüberschreitende Liebe und die Aversion gegen eine blödsinnige Vernunft, gegen modernen Emotionsgeiz, gegen akute Gefühlsverwahrung. Eine Großzahl der Kritiker beim Filmfestival in Venedig war dazu nicht bereit. Sie lachten und buhten, als BIRTH zur Uraufführung kam. Wie man’s eben so tut, wenn einem die eigenen Grenzen aufgezeigt werden, wenn’s ans Eingemachte geht, wenn genau dort Selbstverständlichkeit eingefordert wird, wo man seine eigenen moralischen und ethischen, auch spießbürgerlichen Pfeiler fest verankert wähnt.

Um es vorwegzunehmen: BIRTH ist ein bisher nicht gesehenes Filmerlebnis, eine echte Offenbarung, die vieles im zurückliegenden Kinojahr schwach und bedeutungslos aussehen läßt.

Nicole Kidman, die in ihrer fragilen Blässe und dem Pagenschnitt manchmal an Jean Seberg in AUSSER ATEM und öfter an Mia Farrow in ROSEMARIES BABY erinnert, spielt - gewohnt brillant - Anna, eine junge Frau, die nach einem Schicksalsschlag ihr Leben neu geordnet hat. Da scheint es logisch, daß sie sich nach dem Tod ihres geliebten Mannes Sean neu verheiraten will. Eines Tages klingelt es an ihrer Tür, ein 10jähriger Junge steht davor und will zu Anna. Sie begrüßt ihn freundlich, bis er zu ihr spricht: "Hallo Anna. Ich bin’s. Sean!".

In immer kürzeren Abständen sucht er Anna auf, die abwechselnd fahrig, wütend und unsicher reagiert. Der Kleine weiß alles über sie und ihren beim Joggen verunglückten Mann, er fordert, daß sie Joseph nicht heiratet, nicht heiraten darf. Schließlich ist er ihr Mann - ein kleiner Junge namens Sean ...

Jonathan Glazer versteht es hervorragend, elegische Fotographie, sinnliche musikalische Kulisse und eine nun wahrlich kühne Geschichte zu einem im Kino neuartigen Gesamtkunstwerk zu verschmelzen. Verführerisch und stilvoll steigert er einen Gedanken zur Behauptung, reflektiert er die Reaktionen von Annas Umwelt, die in dem kleinen Jungen mal einen Kinderstreich und dann wieder eine reale Bedrohung, einen Angriff auf ihren klaren Verstand quasi, vermutet. Sie reagieren so, wie man es von ihnen erwartet. Einzig Anna und der kleine Sean ...

Die Szene, in der Sean zu Anna in die Badewanne steigt, veranlaßte die Hüter über Wissen und Geschmack in Venedig zu patzigem Gelächter. Sie fühlten sich ertappt. Dabei ist dies eine der intensivsten, der anrührendsten, beklemmendsten und unsere mentalen Schranken aufweisenden Momente der Kinogeschichte. Wer da an anderes denkt ...

Glazer zwingt niemandem auf, an Reinkarnation zu glauben, an die Liebe schon. Vor allem aber fordert er ein, Konventionen zu überdenken, überhaupt zu denken, offener zu sein und nicht in allem Befremdlichen eine Bedrohung zu sehen. Was bitte soll daran falsch oder gar lächerlich sein?

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.