Hartnäckig hält sich irgendwie das Gerücht, deutsche Komödien seien seicht und würden nur um paarungs(un)willige Großstädter kreiseln. Mal davon abgesehen, daß schon die letzten Wochen uns eines Besseren belehrt haben, gibt es an dieser Stelle ein lautes "Ha!"; was nämlich Justus von Dohnányi hier als Regisseur, Autor und Leiche in Personalunion auf die kalten Füße stellt, straft jedes Vorurteil Lügen.
Auf einer Berghütte in der Schweiz treffen sie zufällig aufeinander, der Yuppie Achim, Hartz-IV-Empfänger Willi und natürlich Sven, eine herzensgute, wenn auch etwas simple Seele. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten rauft man sich schließlich zusammen. Der Alkohol tut sein Übriges, führt jedoch auch zu Svens höchst bizarrem Ableben, an dem eine Gewürzgurke (!) maßgeblich beteiligt ist. Schock!
Doch damit wäre von Dohnányis derbes Pulver noch lange nicht verschossen, er lädt vielmehr gerade erst so richtig durch. Sven möchte im Tod nämlich mit seiner Geliebten vereint sein, welche einst auf Sylt ertrank. Ein Wunsch, zu dessen Erfüllung sich Achim und Willi nun moralisch verpflichtet fühlen. Aber zunächst muß man ja erst möglichst unauffällig über die Grenze gelangen, was unter anderem deshalb gar nicht so einfach ist, da Sven bereits zu stinken anfängt ...
Was diese skurrile Odyssee von allen anderen "Ein Toter auf großer Fahrt"-Lustspielen deutlich unterscheidet, ist ganz offensichtlich ihre bemerkenswerte Konsequenz. Bitterböse und zum Schreien komisch macht der Humor vor Leichenfledderei eben nicht Halt, da dürfen wir Zeugen sein, wie Svens ausgeschlagene Zähne – ein dummer Unfall, kann jedem mal passieren – schon mal mittels Heißkleber wieder in den starren Mund montiert werden, oder Toilettenreiniger im Kampf gegen die steigende Geruchsbelästigung zum Einsatz kommt. Grünliche Blubberblasen inklusive.
Doch trotz aller Respektlosigkeit gilt es auch, eine Buddy-Komödie zu entdecken, die unprätentiös sämtlichen Stammtisch-Klischees (Sozialschmarotzer!) den Mittelfinger zeigt. Ein Mix, der im Fazit schlicht und ergreifend geniales deutsches Kino bedeutet. Man überzeuge sich selbst.
D 2007, 84 min
Verleih: Delphi
Genre: Komödie
Darsteller: Stefan Kurt, Jan Josef Liefers, Justus von Dohnányi, Susanne Wolff, Sophie Stierle
Stab:
Regie: Justus von Dohnányi
Drehbuch: Justus von Dohnányi
Kinostart: 01.11.07
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...