Originaltitel: BLUE JASMINE

USA 2013, 98 min
FSK 6
Verleih: Warner

Genre: Drama

Darsteller: Cate Blanchett, Sally Hawkins, Alec Baldwin

Regie: Woody Allen

Kinostart: 07.11.13

18 Bewertungen

Blue Jasmine

Woody Allen in Hochform

Beim Schreiben dieser Kritik kam mir ein Artikel unter die Augen: „Have We Been So Kind To BLUE JASMINE Because We See It As A Career’s Swansong?“ von Ed Smith. Welcher meinen ursprünglichen Anfang, der ungefähr geplant war als „Cate Blanchett als Jasmine in der Rolle ihres Lebens!“, kippte. Und: Ist es nicht überhaupt todlangweilig, von „Rollen des Lebens“ zu schreiben?

Anyway: Jasmine ist eine Diva, deren Ehe mit dem Multimillionär Hal zerbricht. Sie hat damit mehr zu tun, als sie sich eingestehen will, und ihre finanzielle Notlage sowie ihr Hang zur Verdrängung lassen sie bei ihrer Schwester Ginger unterkriechen, die ihrerseits ein eigenes Selbstwahrnehmungsproblem hat.

Woody Allen, der seine persönlichen Erfahrungen in immer neuen Facetten filmisch auseinanderzunehmen weiß, wurde zum Neurosengärtner zelebrierender Großstädter. Manchmal gelang ihm da Großes, manchmal ein eher gedimmter Stern am Kinofirmament – so wie das ganz normal ist, wenn man jedes Jahr einen Film abliefert. Immer aber ist Allen als Person und „Marke“ auf das Engste mit seinen Produkten verbunden, und diesmal gilt: Der neue Woody Allen ist ein Kinoereignis. Mit BLUE JASMINE schließt sich zudem tatsächlich ein Kreis in seinem Werk, denn hier erreicht der Meister durch die großartige Performance von Blanchett nicht nur die Darstellung des Typus’ einer ehemals wohlsituierten Ehefrau, die sich durch Stolz, Arroganz, aber auch natürliche aristokratische Ausstrahlung immer mehr in den Abgrund stürzt. Blanchett bläst dieser Figur jenen Wirbelsturm der Ambivalenz ein, die eine bloße Versuchsanordnung à la Allen in eine wahrhaft pathetische Figur verwandelt. Die Empathie weckt, obwohl sie gänzlich unsympathisch ist. Desgleichen ist Allen lange nicht mehr gelungen! Ob es die finale Ankündigung der Kumulation aller thematischer Ansätze seines Lebenswerkes in diesem Film ist oder einfach die Formel Blanchett plus (ganz populistisch) Rolle ihres Lebens – egal: Wir haben es mit einer schauspielerischen Leistung zu tun, die an die brillante Gena Rowlands denken läßt.

Und ohne daß wir – übertreiben wir einfach mal im Überschwang – den Film des Jahrzehnts vor uns haben, haben wir eben einen handfesten Allen. Einen zumindest, der uns die ewige Frage, wer sich nun am meisten für das Leben verkaufen muß, das er führen will, grandios serviert. Bessere Abgesänge muß man erst mal drehen!

[ Susanne Schulz ]