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Blue Moon

Nach Rußland, der Liebe wegen

Im Grunde ist es ganz leicht: Man verfrachte eine überschaubare, aufgrund wilden Bartwuchses, ungehemmten Drogenkonsums und cooler Sprüche (wahlweise auch latent sadistischer Neigung) unzweifelhaft zur humanen Spielart des echten Kerls gehörende Anzahl Männer in einen heißen Schlitten bzw. auf frisierte Motorbikes, lasse sie per Route 66, Highway To Hell etc. Richtung Sonnenuntergang brausen – fertig ist das Roadmovie. Alternativ funktioniert’s mit Frauenpower (THELMA & LOUISE) oder als hinreißender Toleranz-Transporter (PRISCILLA). BLUE MOON geht noch andere Wege.

Johnny, aufgewachsen im westlichen Teil der Welt, sucht verzweifelt nach Shirley. Die desillusionierte, Hotelzimmer ihre Heimat nennende Blondine ist einfach verschwunden, hat aber vorher flugs ein Vergißmeinnicht ins Herz des stoischen Geldboten gepflanzt. So folgt er undeutlichen Spuren gen Osteuropa – für ihn mythisches, von Menschen mit verlorener Geschichte bevölkertes Niemandsland. Hinzu stößt neben dem gestrandeten Ostdeutschen Ignaz schließlich Shirleys Schwester Jana – Taxi fahrend, Schafe hütend und solvente Herren begleitend, hat sie es fast aufgegeben, an den Gitterstäben des angesichts eines traumatischen Vorfalls um sich herum errichteten existentiellen Gefängnisses zu rütteln. In variablen Personenkonstellationen wird die Reise voller Nähe und Distanz fortgesetzt ...

Regiedebütantin Andrea Maria Dusl, gebürtige Wienerin, entdeckt jenseits Sachsens und Thüringens ein wohl unverändert recht fremdes Terrain, subsummierbar unter dem schwammigen Begriff "Osten." Dies glückt ihr mit viel Verständnis und trotz (oder gerade durch?) ausgeprägter Lakonik wunderbar behutsam, im unverfälschten Kuddelmuddel aus diversen Fremdsprachen und sanft ironisch – mancher Zuschauer dürfte sich an die berühmt-berüchtigte Schrankwand-Modell "Spanplatte" erinnern.

Gleichzeitig gelingt ihr eine fragile, warmherzige Ode an schrankenlose Liebe und Mut zum Leben, ebenso melancholisch, sehnsüchtig, aber auch kraftvoll präsent wie das Gesicht der Hauptdarstellerin Viktoria Malektorovych. Mehr davon!

Originaltitel: BLUE MOON

Österreich 2002, 90 min
Verleih: Ventura

Genre: Roadmovie, Komödie

Darsteller: Josef Hader, Viktoria Malektorovych, Detlev Buck, Ivan Laca, Peter Aczel

Stab:
Regie: Andrea Maria Dusl
Drehbuch: Andrea Maria Dusl

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...