Originaltitel: BLUEBERRY
F 2003, 124 min
Verleih: Tobis
Genre: Comicverfilmung, Drama, Western
Darsteller: Vincent Cassel, Juliette Lewis, Ernest Borgnine, Karl Madsen
Regie: Jan Kounen
Kinostart: 26.08.04
Der Titel mutet für den Comic-unkundigen Rezipienten wie eine italienische Trash-Produktion aus den 60ern an. Schon beim Lautklang sieht man vor dem geistigen Auge, wie Klaus Kinski mit zorniger Derwischmimik hoffnungslos sein Talent vergeudet. Doch halt, denn hier verbirgt sich tatsächlich etwas völlig anderes. Der Film, eben basierend auf den scheinbar kultig verehrten Moebius-Comics, darf mit einigem Stolz von sich behaupten, zum Verstörendsten, Nebulösesten und auch Strapaziösesten zu zählen, was man in 110 satten Jahren so auf Zelluloid bannte. Etwas monströs aufgeblasen, wird die an sich kleine Geschichte einer Rache erzählt. Marschall Mike Blueberry ist dem Erzganoven Wally Blount auf den Fersen, nachdem er seine blutigen Spuren auch in Blueberrys Heimatstadt Palomito hinterlassen hat. Ihm zur Seite sein indianischer Freund Runi und die geheimnisvolle Sängerin Maria.
An sich ist dies das klassische Westernwebmuster, doch Regisseur Jan Kounen entflicht unerschrocken eine etwas überdimensionierte Geschichte über Schamanentum, dämonische Körperqualen und schmerzhafte Bewußtseinserweiterung. Da verliert er sich schnell in metaphorisch etwas aufpolierten Prozessionen, in archaisch-elegisch bebilderten Mexiko-Szenarien und etwas sperrig integrierten Rückblenden. Das raubt dem Wunderwerk durchaus einiges an Stringenz, wenn man auch bekennen muß, daß selten zuvor mit einem derartigen Eifer von Riten, psychologischen Abgründen und
Hinter-, Ober-, Unter- und Zwischenwelten erzählt wurde. Da verliert man zwar selbst als wohlwollender Betrachter den dünnen roten Faden, bleibt aber nachhaltig beeindruckt. Vor allem auch vom physischen Spiel Vincent Cassels, der hier zwar bierernst - überhaupt wird leider alles ohne jeglichen Humor erzählt - aber dennoch scheinbar lässig das dreckfressende Sexsymbol abgibt. Denkwürdig ist auch das zwar etwas kurze, aber melancholische Wiedersehen mit Ernest-Knautschgesicht-Borgnine. Könnte vielleicht ein letztes Mal gewesen sein. Er gibt die Rolle des Gesetzeshüters Rolling Star im Rollstuhl, was sicher nicht nur das Handicap seiner gespielten Figur ist.
Man kann die Ambition Kounens sicherlich sehr unterschiedlich interpretieren, einigen müßte man sich irgendwie darauf, daß er einen hochgradig unbequemen Film gemacht hat. Einen verstörenden und etwas nervigen auch, aber keinen schlechten.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.