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Blueprint

Gene, Tiere, Sensationen!

Todtraurig, beinahe tränenerstickt ergoß sich in Rolf Schübels letztem Kinospielfilm GLOOMY SUNDAY ein Lied über das alte Budapest. Auch seine Adaption des mehrfach ausgezeichneten Jugendromans von Charlotte Kerner gibt sich thematisch und akustisch überaus musikalisch, wenn auch wenig wohltönend. Aber wer weiß das schon genau bei solcher Zukunftsmusik: Die Klaviervirtuosin, Komponistin und Egomanin Iris Sellin beschließt angesichts ihrer tödlichen Krankheit, der Welt eine adäquate Nachfolgerin zu schenken. Ein kanadischer Mediziner läßt sich gegen geltendes Recht aber recht zügig überreden, sie zu klonen. Siri wird die kleine Kopie genannt, entwickelt sich am Klavier und auch sonst prächtig, eben ganz die Mutter. Kurz nach dem ersten gemeinsamen Konzert mit Mama erfährt sie rabiat von ihrer künstlichen Herkunft.

Aus der Liebe zum Spiegelbild wird Haß auf das Original und Neid auf die noch unverbrauchte Reproduktion. Drastischer und sensationslustiger als in der Vorlage läßt Schübel Stimmungen schwanken und Gefühle kippen. Auf seinem Umschlagplatz sind die großen Gesten als psychologische Gebrauchtwaren deutlich ausgezeichnet. Was er in den Szenen zwischen Mutter und Tochter an Unbehagen und kaum unterdrückter Hysterie heraufbeschwört, versandet anderswo, nämlich in der kanadischen Wildnis. Im naturverbundenen, in handwarme Farben getauchten Holzhaus mit Holzschälchen und Holzlöffelchen bewältigt der mittlerweile zwanzigjährige Klon rückblickend seine Existenz als Egoprodukt. Der nette Nachbar erfährt auf Nachfrage Drolliges wie "Wir nennen sie Wapiti, weil sie so scheu ist." In einem Ensemble von kaum plausibel eingesetzten Nebenfiguren versucht sich Franka Potente in der Doppelrolle Iris/Siri und verteilt auf beide gleichmäßig permanente Gereiztheit. Wen wundert’s bei diesen künstlerisch-künstlichen Biographien!

Wohl oder übel muß man dem Regisseur den Versuch attestieren, sich ernster als im Kino üblich an der Klon-Debatte zu beteiligen - wenn er sich seinem Thema auch etwas hilflos geschlagen geben muß.

D 2003, 110 min
Verleih: Ottfilm/UIP

Genre: Literaturverfilmung, Drama, Science Fiction

Darsteller: Franka Potente, Katja Studt, Ulrich Thomsen, Justus von Dohnányi, Wanja Mues

Regie: Rolf Schübel

Kinostart: 01.01.04

[ Sylvia Görke ]