Originaltitel: BORN TO BE BLUE
GB/Kanada 2015, 98 min
FSK 12
Verleih: Alamode
Genre: Drama, Biographie, Musik
Darsteller: Ethan Hawke, Carmen Ejogo
Regie: Robert Budreau
Kinostart: 08.06.17
Sanft, warm, schmeichelnd. Und dahinter eine abgründige Verlorenheit. Der Trompeter Chet Baker gehört fraglos zu den Großen des Jazz. In den besten Momenten schwingt in seinem Spiel etwas, das tatsächlich nicht mehr von dieser Welt scheint und zeitlos sowieso ist. Das mag nie die virtuose Gravitationslosigkeit eines Miles Davis erreichen, auch nicht dessen aristokratische Coolness und verblüffende Innovationskraft haben, aber jene magischen Momente, die einen beim Hören so tief und auf eine Art berühren, wie es nur richtig gute Musik kann, hat gerade auch Baker wieder und wieder erschaffen.
Aus welchen durchaus auch dunklen seelischen Gemengelagen dann auch dieser Musiker wiederum seine Kunst schöpfte, zeigt jetzt Robert Budreaus BORN TO BE BLUE. Ein Film, der zu einer entscheidenden Nahtstelle in Bakers Leben führt. Ins Jahr 1966, in dem der Mann nach einem Höhenflug als Musiker und Frauenschwarm einen Absturz erster Güte hinlegte. Mehr Gosse geht kaum. Baker ist ein Drogenwrack und zudem bei seinem Dealer verschuldet genug, daß der ihm die Zähne ausschlägt. Wohl wissend, was das für einen Trompeter bedeutet: das Ende seiner Karriere. Was für einen wie Baker wiederum heißt: das Ende des Lebens.
Nun, das Schicksal hatte vorerst anderes vor. Denn das Leben – damals wurde es ihm noch mal gerettet. Von Jane, der Schauspielerin, die Baker kennenlernt bei den Dreharbeiten zu einem Film, in dem er ausgerechnet sich selbst spielt. Und die er liebt, und die ihm Kraft gibt. Und die ihm bei zwei Unmöglichkeiten hilft: vom Heroin wegzukommen und das Trompetenspiel wieder zu erlernen. Den neuen und in mehrfacher Hinsicht tieferen Ton zu finden, in einem Prozeß auch physisch extremer Schmerzen.
BORN TO BE BLUE ist die Geschichte eines Phönix, der aus der Asche steigt, um darauf bald wieder ins Feuer zu fliegen. Denn man weiß es ja – nur eine der zwei Unmöglichkeiten wird Baker gelingen. Das aber mit einer Gänsehaut bereitenden Intensität, die dann auch in diesem Film pulsiert. Zumal in dessen Finale eines eben abgrundtief traurigen Fatalismus’. Die Mischung aus eleganter Exaltiertheit und Melancholie, die Baker auszeichnet, ist dabei auch dieser Film eigen. Dem es indes dabei weniger um unbedingte biographische Korrektheit als vielmehr um ein Charakter- und Zeitporträt geht. Das ist bestens gelungen. Als wunderbar atmosphärisches, stilsicheres Blue-Note-Kino.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.