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Bulb Fiction

Auf dem Pfad der Erleuchtung

Wie Regisseur Christoph Mayr weiß, umgibt uns alltäglich eine bis dato nicht wahrgenommene Gefahr, welche sich außerdem tückisch als nützliches Produkt tarnt. Denn wer hätte jetzt ernsthaft die derart gepushte Energiesparlampe im Verdacht gehabt, Gesundheitsschäden zu verursachen?! Tatsächlich: Zerbricht ein solcher Leuchtkörper, treten Quecksilberdämpfe aus. Höchst giftig. Mikromengen reichen zur Trinkwasserverseuchung aus. Und was bedeutet dies eigentlich für die Entsorgung?

Nur eine von vielen Fragen, denen Mayr nachgeht, und zwar detailliert bis zum Informationsstau. Nicht von ungefähr fühlen sich Doku-Vielseher da an PLASTIC PLANET erinnert; ob nun positiv oder negativ, entscheide jeder selbst, und davon hängt letztlich auch das Wagnis des Kinobesuches ab. Subjektiv gefühlt darf Mayr indes ein weniger ausgeprägter Sinn fürs Theatralische bescheinigt werden – Beobachtung statt Michael-Moore-Attitüde.

So weiß er: Es hinterläßt den nachhaltigsten Eindruck, wenn sich Gesprächspartner beim Reden selbst charakterisieren. Im hiesigen Fall betrifft dies primär eine Verantwortliche von Greenpeace – eigentlich nicht im Thema stehend und das problemlos zugebend, aber trotzdem Vertrauen ins richtige Handeln ihrer Organisation einfordernd. So was nennt man Glauben an das eigene Tun. Oder schlicht Chuzpe. Für realsatirische Freuden sorgt auch die Sprecherin der EU-Energiekommission, welche sich von fern korrekte Antworten flüstern läßt und als Sahnehäubchen einen Knüller-Versprecher raushaut: Es sei entscheidend, das Klima erfolgreich zu bekämpfen ... Daß seitens Mayr sogar eine solche Steilvorlage unkommentiert bleibt, illustriert seinen Anspruch, oberlehrerhaftes Gehabe möglichst zu vermeiden.

So ganz mag er auf geschickte Manipulation respektive Überaktionismus zur Zielerreichung allerdings doch nicht verzichten. War es denn wirklich nötig, zwecks Rentnerinnen-Interview extra nach Schottland zu reisen oder in Kuba Szenen nachzudrehen, wenn die Bedrohung doch direkt vor Ort im trauten Heim lauert? Sich teilweise arg wie ein Verschwörungstheoretiker anzuhören? Oder mit dem zweifellos tragischen Fall eines kleinen Jungen, welcher durch eine kaputte Sparlampe geschädigt wurde, offensichtlich und einseitig aufs Gefühlszentrum zu drücken? Aber egal. Die aufklärende, sprich schon gute, Absicht dahinter macht vieles verzeihbar.

Österreich/D 2011, 90 min
FSK 6
Verleih: Farbfilm

Genre: Dokumentation

Stab:
Regie: Christoph Mayr
Drehbuch: Christoph Mayr

Kinostart: 31.05.12

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...