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Bye Bye Berlusconi

Psssst! Es wird muxmäuschenschrill ...

Es ist nie zu spät, um sich zu früh zu freuen. Gerade wenn Jan Henrik Stahlberg, der als Autor und Hauptdarsteller von MUXMÄUSCHENSTILL einem sterbenden Wertekanon den Trauermarsch blies, sich erneut um hand- und bißfeste, politisch engagierte Kinoanarchie verdient machen will. Sekundiert von mehrheitlich italienischen Mitverschwörern und gar nicht zufällig im zeitichen Umfeld der Parlamentswahlen, wirft Stahlberg Italiens rechtsdrehendem Alleinunterhalter den Fehdehandschuh vor die Füße - so namentlich, daß man ihm für die nächsten Jahre einen unverzagten Anwalt wünschen muß.

Dem Medieninteresse hat das noch immer auf die Sprünge geholfen. Von Boulevard bis Feuilleton sind sie alle die roten Teppiche entlang gehüpft, wann immer sich ein Herr Antonini die Ehre gab, wie zuletzt bei der Berlinale. Das ehemals Schuhe verkaufende Berlusconi-Double, das bis zu dieser Titelrolle vor allem durch Baumärkte und andere kulturelle Zentren tingelte, dürfte der eigentliche Zuschauerangler dieser Fake-Dokumentation sein. Aber während der Köder nach Hummer und Kaviar schmeckt, wird hauptsächlich Kraut mit Rüben serviert, noch dazu in halsbrecherischen Dialogen.

Dabei ist das film-im-filmkünstlerische Vorhaben sympathisch, wenn es sich als Wahlhilfe mittlerweile auch überholt hat. Ein Filmteam phantasiert die Entführung des Silvio Berlusconi, die erpreßte Feststellung seiner Schuld in allen Anklagepunkten. Hier wie dort heißt der Regisseur Stahlberg, hier wie dort diktiert die Angst vor Rechtsstreitigkeiten die kreativen Kompromisse. Auf beiden Ebenen soll, so hört und liest man, eine nennenswerte Menge Wein geflossen sein. Und so einigt man sich auf eine Metaphernkonstruktion, die das italienische Zeitgeschehen ins ferne Entenhausen verlegt, wo der korrupte Micky Laus mit Melonen handelt und einen einschlägigen Fernsehkanal unterhält.

Das immerhin wilde, aber auch reichlich unorganisierte Arrangement aus Fiktion und (fiktiver) Realität, aus schrillem Entenhausen-Märchen und hereinbrechendem Drehalltag, mag nun aus Mut, Entrüstung und Alkohol geboren sein. Ganz sicher lebt es vom Charme der politisch-satirischen Idee. Aber während es dauert und dauert, wird es doch nicht richtig erwachsen und keinesfalls richtig gut. Dem beschwipsten Anarchisten Stahlberg kann man daraus keinen Vorwurf machen. Dem Filmemacher allerdings schon.

Originaltitel: BUONANOTTE TOPOLINO

D 2005, 89 min
Verleih: Jetfilm

Genre: Polit, Satire, Schräg

Darsteller: Maurizio Antonini, Jan Henrik Stahlberg

Stab:
Regie: Jan Henrik Stahlberg
Drehbuch: Lucia Chiarla

Kinostart: 11.05.06

[ Sylvia Görke ]