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California City

Dein Ort. Nirgends.

Wer einmal in California City gewesen sei, so Regisseur Bastian Günther, verstehe voll und ganz, warum der Begriff Depression nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Wirtschaft verwendet werde. Für dieses Gefühl der inneren Leere sei die Stadt ein nahezu perfektes Sinnbild. Auch für den amerikanischen Alptraum, wäre hinzuzufügen.

Denn dort in der Mojave-Wüste hat sich der moderne Mensch in seinem Stürmen und Drängen gründlich verhoben. Was einst die größte Stadt Kaliforniens werden sollte, ist heute in Wahrheit nur ein tragikomischer Witz. Nicht von der Fläche her, eher vom Inhalt. Ein schöner Ort allein für Science Fiction. Oder das Armageddon. Statt Besiedlung und Prosperität beherrschen „Cal City“ Leerzug und schleichender Tod. Der Patient zuckte zur letzten Jahrtausendwende noch kurz, um danach von der Immo- und Kredit-Blase zerfleddert zu werden. Die Vogelperspektive bestimmt der Geier.

CALIFORNIA CITY nimmt zwischen Stil-Stühlen Platz, ist weder eindeutiger Dok-Film noch klare Fiktion. Er hat von allem etwas, die Elemente tanzen und suchen sich ihr Ziel. Der Zuschauer ist zum Jonglieren eingeladen. Das ist nicht ohne Reiz, vorausgesetzt, man hat ein Grundmaß Lust und Gelassenheit für ein Abenteuer optischer und akustischer Art.

Sogar auf seinem tragbaren Kanister steht „Solo.“ Der namenlos bleibende Mann ist im Auftrag einer Firma unterwegs, um Moskitos zu bekämpfen an Orten, wo das Wasser längst fehlt, das die lästigen Viecher so sehr brauchen, um zu quälen. Die verbliebene kleine Lache einer geplatzten Rohrleitung ist da schon ein Glücksfall für den Job. Die Pools der verlassenen Häuser jedenfalls sind es nicht. Waren es nie.

Der Mann trifft nur noch wenige Menschen, dafür sind es allesamt Typen: Den schwarzen Tänzer in einem ausgedienten Flugzeug, der zum Mars will. Den Prophet im Whirlpool, der von Gedankenkontrolle durch die Regierung faselt. Oder den Ausbeuter eines Schrottplatzes. Ob sie echt sind? Vielleicht. Genau wie die junge Frau namens Chelsea, mit der dieser nach Seelsorge lechzende Moskitokiller einst zusammen war, und die ihn in surrealen Bildern noch immer verfolgt.

CALIFORNIA CITY ist nach LOST RIVER das nächste vor allem nostalgische und künstlerisch überhöhte Filmstück übers Sterben von Regionen in den USA. Zweifellos ist es das bessere der beiden. Liegt auch an der Musik von Giant Sands Howe Gelb.

D 2014, 80 min
FSK 0
Verleih: Real Fiction

Genre: Mockumentary, Dokumentation

Darsteller: Jay Lewis

Regie: Bastian Günther

Kinostart: 20.08.15

[ Andreas Körner ]