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Call Me Kuchu

Mitreißende Doku über mutige LGBT-Aktivisten in Uganda

David Kato ist ein sehr kleiner, schmaler Mann, der beim Gehen manchmal schwankt, als ob er eine ungeheure Last auf den Schultern balancieren muß. Mit seiner Vorliebe für spitze Lederschuhe erinnert er ein wenig an einen einsamen Leningrad-Cowboy, wenn er in seiner Heimat Uganda über die staubigen Straßen läuft.

Der Dokumentarfilm CALL ME KUCHU zeigt deutlich, wie groß die Last ist, die David Kato auf den Schultern trägt. Als der erste offen schwul lebende Ugander wird der eloquente Mann fast zwangsläufig zum politischen Aktivisten und Sprecher der sogenannten „Kuchus“ (das ugandische Synonym für „Queer“). Was das bedeutet in einem Land wie Uganda, in dem Boulevardmedien zur Lynchjustiz an Schwulen aufrufen und Gesetze geplant werden, die Homosexualität unter Todesstrafe stellen, zeigt dieser beeindruckende Film.

Die Regisseurinnen von CALL ME KUCHU haben David Kato über ein Jahr lang begleitet, sie sind dabei, als seine Adresse und sein Bild auf den Titelseiten unter der Schlagzeile „Hängt sie!“ veröffentlicht werden. Sie dokumentieren sein Leben als politischer Aktivist genauso wie Treffen mit Freunden und Besuche bei seiner Familie auf dem Land, die trotz der politisch geschürten Homophobie zu ihm hält. Trotz aller Repression gibt es auch ausgelassene Parties der kleinen LGBT-Szene, die jedoch unter starken Sicherheitsvorkehrungen stattfinden müssen.

Die brutale Ermordung Katos während der Dreharbeiten erschüttert alle zutiefst, gibt dem Anliegen der Aktivisten aber zugleich eine noch größere Dringlichkeit. Wie tief die Gräben in Uganda sind, wird überdeutlich, als Kato zu Grabe getragen wird und ein anglikanischer Priester es sich nicht nehmen läßt, noch am Sarg über die Verderbtheit der Homosexuellen zu wettern. Ungläubig starren die Trauernden ihn an, bis endlich einer der Aktivisten Mut faßt und dem Hetzredner das Mikrofon entreißt. Spätestens in diesem Moment ist klar, daß der Kampf gegen den Haß und die Homophobie auch in Uganda längst nicht mehr nur auf einer Schulter lastet, und daß Katos Mut Schule gemacht hat. „La luta continua …“ – der Kampf der Kuchus in Afrika geht weiter, und inzwischen wird ihre politische Arbeit international wahrgenommen und unterstützt. Auch dank Filmen wie diesem.

Originaltitel: CALL ME KUCHU

USA/Uganda 2011, 90 min
FSK 12
Verleih: Arsenal Institut

Genre: Dokumentation, Schwul-Lesbisch, Polit

Stab:
Regie: Katherine Fairfax Wright, Malika Zouhali-Worrall
Drehbuch: Katherine Fairfax Wright, Malika Zouhali-Worrall

Kinostart: 29.11.12

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.