"Si Belle", ein kleiner Friseursalon inmitten von Beirut ist der Lebensmittelpunkt von vier starken, schönen Frauen. Alle befinden sich in unterschiedlichen Stadien ihres Lebens, die an diesem Ort wie bunte Wollfäden zu einem Knäuel zusammenlaufen. Layale, die Chefin, wartet täglich auf den Anruf ihres Liebhabers, Nisrine steht kurz vor der Hochzeit, Jamale ist ständig mit ihrem Äußeren beschäftigt und auf der Suche nach Rollen in Werbespots. Rima hingegen hat es eine geheimnisvolle Kundin angetan, die nur vorbeikommt um sich von ihr die wunderschönen langen Haare waschen zu lassen.
Was auf den ersten Blick wie die herkömmlichen Ingredienzen eines Frauenfilms wirkt, symbolisiert im Kontext die tiefe Verunsicherung in der libanesischen Gesellschaft, die zwischen religiöser und traditioneller Verwurzelung und dem Ideal eines westlichen Lebensstils, den die junge Generation anstrebt, zu schwanken scheint. So knöpft sich Nisrine zwar vor dem Besuch der Schwiegereltern die Bluse zwei Knöpfe höher zu und bindet ihr Haar zusammen, wirft ihrem Zukünftigen aber ein trotziges "Gut so?" hin. Sie weiß instinktiv, was sich für eine Frau "schickt". Jamale rennt auf dem Laufband um ihre schwindende Jugend, aber auch der Wut davon, daß ihr Mann sich ganz selbstverständlich eine Geliebte zugelegt hat. Regisseurin Nadine Labaki, die auch die energische Layale verkörpert, gelingt es mit der Leichtigkeit einer romantischen Komödie Themen zu benennen, die in muslimischen Ländern immer noch tabuisiert werden: Ehebruch, sexuelle Bedürfnisse, Feminismus, Homosexualität. Auch das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen wird angerissen.
In warme Farben, stimmungsvolle Musik und manchmal fast kitschig anmutende Bilder verpackt, steht diese warmherzige und selbstironische Geschichte, die auch das Festivalpublikum in Cannes verzauberte, für die zwei Welten der modernen libanesischen Frau. Sie zeigt ihre Schönheit, verhandelt mit ihren Freundinnen alle wichtigen Dinge des Lebens, verpackt diese aber für die Männer in Zuckerguß, damit der Schock nicht zu groß wird, wenn sie in Zukunft den Frauen mehr Platz einräumen müssen.
Die schöne Fremde setzt am Ende ein Zeichen. Die lange Mähne ist ab, und sie wirkt wie befreit. Auch von den Ansprüchen, die sie selbst immer an sich gestellt hatte. Ein Gefühl, mit dem sich wohl alle Frauen identifizieren können.
Originaltitel: CARAMEL
F/Libanon 2007, 96 min
Verleih: Alamode
Genre: Komödie
Darsteller: Nadine Labaki, Yasmine Al Masri, Joanna Moukarzel, Gisèle Aouad
Regie: Nadine Labaki
Kinostart: 03.04.08
[ Susanne Schulz ]