Originaltitel: CARRIE

USA 2013, 100 min
FSK 16
Verleih: Sony

Genre: Horror, Drama, Literaturverfilmung

Darsteller: Chloë Grace Moretz, Julianne Moore, Judy Greer, Portia Doubleday, Gabriella Wilde

Regie: Kimberly Peirce

Kinostart: 05.12.13

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Carrie

Mama ist immer noch die Best(i)e

Wenn Regisseurin Kimberly Peirce behauptet, sich bei ihrer Adaption des Stephen-King-Romans nicht an die 1976er-Verfilmung angelehnt zu haben, ist das eine Dehnung der Wahrheit, denn ja: Teilweise bleibt sie näher am Buch, fügt hier und dort gar Neues hinzu. Aber gleichzeitig blitzen manchmal szenische Übernahmen dessen auf, was einst Brian de Palma für sein Werk ersann. Peirce jagt ergo einen Hybriden los, gekreuzt aus Remake und persönlicher Sicht.

Die Prämisse bleibt natürlich gleich: Erneut geht’s um Carrie White, heranwachsendes Mädchen, telekinetisch begabt und von den Mitschülerinnen schwer gemobbt. Nun mit dem Unterschied, daß Chloë Grace Moretz – anders als damals Sissy Spacek – optisch nicht zum Mauerblümchen taugen mag, geradezu klassisch attraktiv alles und jeden überstrahlt. Da helfen auch schlurfender Gang, eingezogene Schultern und der Blick eines vom Scheinwerferlicht geblendeten Tieres kaum. Moretz bemüht sich, keine Frage, doch Peirce muß schwereres Geschütz auffahren. Sie findet es in Julianne Moore alias Carries Mama Margaret. Keine blindwütig überagierende Furie wie einst erwartet uns, sondern eine an Weltekel, unverwundener Verletzung und religiösem Wahn krankende Frau, dazu ein wortwörtliches Muttertier, welches unablässig zwischen falsch verstandener Mütterlichkeit und tierischer Psychose wechselt, seine Tochter vor Bösem schützen will, das es erst heraufbeschwört. Moore zerfleischt Margaret regelrecht in Seelengeschwüre, agiert ebenso uneitel und ohne Gnade gleichermaßen gegen sich selbst, am Ende wird sie ihr per se schönes Gesicht gänzlich zur grotesken Fratze zerbersten lassen. Pure Gänsehaut, wie im Original die gepreßt flüsternde Stimme bricht, kurz darauf allerdings Moretz voller Haß ein „Witch!“ zuzischt. Diese Studie in Sachen darstellerischer Hingabe macht klar, warum Engel Carrie derart tief fallen konnte.

Nach einem fiesen, gleich mehrfach gezeigten Streich während des Abschlußballs mutiert die Lichtgestalt dann vorlagengetreu zum Rachedämon, was Peirce jede inszenatorische Zurückhaltung raubt. Heißt: Effekte feuern aus sämtlichen Rohren, die Pyrotechniker kriegen Freigang, Blutschwalle färben die Leinwand rot. Der verständliche Befreiungsschlag des geschundenen Mädchens gerät zum typisch amerikanischen Größenwahn, da brüllt Big-Budget-„Yes, We Can.“ Eine CARRIE à la 2013 eben.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...