D 2024, 123 min
FSK 12
Verleih: Constantin
Genre: Komödie, Fantasy, Märchen
Darsteller: Jella Haase, Gizem Emre, Max von der Groeben, Nora Tschirner, Frederick Lau
Regie: Bora Dagtekin
Kinostart: 28.03.24
Mit „Heul leise!“ und umso entschlossenerem Gegengeschnatter geriet Sympathica Chantal zum Publikumsliebling, was erleichternd nahelegt, daß Herz immer über Hirn triumphiert. Knapp sieben Jahre nach FACK JU GÖHTE 3 gilt heuer unverändert ein Auszug aus der Kritik dazu: „Zwei Stunden hätten’s nicht zwingend sein müssen.“ Dort wurde jedoch ebenfalls gerühmt, wie das Finalprodukt „ständig irgendwo zwischen überbrachial, herrlich dämlich und wirklich saukomisch pendelt“ und „ein unikales Stück deutsches Kino“ verabschiedet. Kann man alles so wiederholen und, wenn’s einst Gefallen fand, einfach ins Kino traben.
Offen gesprochen, gab’s inhaltlich ja nie reich verzierte Blumentöpfe oder anderen künstlerisch-künstlichen Tinnef zu gewinnen, sondern rustikale Deftigkeit zu goutieren. Nun saust also Chantal, voll motivierte Influencerin für ziemlich dürre 336 Follower, geschmackloses Schuhwerk voran durch einen „rischtisch unheimlischen“ Spiegel, kommt im titelgebenden Märchenland raus und stellt fest, plötzlich Prinzessin zu sein. Allerdings nicht irgendeine, sondern Dornröschen. Man weiß: Spindel, Stich, 100 Jahre Schlaf, Kuß, Augenaufschlag, Hochzeit, hauptberufliches Gattin-Dahinsiechen. Und als wären zu verschlafendes Zeitfenster sowie öde Zukunftsaussichten nicht eh inakzeptabel, scheint der zwecks Erweckung antretende Prinz eher dran interessiert, sich von seinem super süßen Knappen die wohl spröden Lippen feuchten zu lassen.
Es heißt folgend, den bösen Schlummerfluch und eine basisfrustrierte Hexe – Nora Tschirner tritt Katja Riemanns legitime Nachfolge an – zu neutralisieren. Aladin und seine überraschend robuste Jasmin kennenzulernen. Abseits des Plotpfades einiges Sammelbares zu verstreuen, von Wagners Walkürenritt bis zum Kommentieren misogyner Inquisition. Dazu macht Chantal mittels ihres schicken Galaxy Z Flip5 noch einen Drachen fertig, schließlich gehört unglaublich ungeniertes Werbegeklapper hier von Anfang an dazu, und tritt gleich zwei armen Despotenwürstchen in den … Weg. Stets entlang inbrünstiger Fotze-Bitch-Fuckhead-Laberei, die schon zu viel sein und nerven mag, zumal das Dialogtempo gerade beginnend kein vollumfängliches Verständnis erlaubt, manches außerdem im süßlichen Dauergedudel untergeht oder der Film teils zu tief in seinem grundsätzlich parodierten Gehabe versumpft. Ganz zu schweigen von ab und an schlicht billiger Optik; besonders Maria „Fee Funkelchen“ Happel muß den blindwütigen Haß einer kreativ rächenden Kostümbildnerin auf sich gezogen haben.
Aber das sind bloß kleinere Steinchen innerhalb des kunterbunt harm- und arglosen, im tatsächlich besten Sinne naiven Mosaiks, welches neben generell unbestreitbarem Unterhaltungswert, konkret großartigen Sprüchen („Ich sehe aus wie GNTM letzter Platz!“) und ironischen Brechungen der höchst entschlossen transportierten Feminismusbotschaft primär natürlich mit Jella Haases mimischen Qualitäten wuchert. Heutzutage agiert statt des unbekümmerten Talents von damals eine gereifte Darstellerin – und in jede gellende Jungvolk-Klamotte ausblendenden Nahaufnahmen auch Frau. Reizende Augenfältchen inklusive, vom Lachen vermutlich. Aus purer Fröhlichkeit, über sich selbst oder jetzt erst recht? Wer weiß …
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...