Originaltitel: JAG ETTER VIND

Norwegen 2013, 90 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen

Genre: Drama

Darsteller: Marie Blokhus, Sven Bertil-Taube, Tobias Santelmann, Anders Baasmo Christiansen

Stab:
Regie: Rune Denstad Langlo
Drehbuch: Rune Denstad Langlo

Kinostart: 12.06.14

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Chasing The Wind

Früher war das Salz salziger

Täuscht der Eindruck, oder schwächelt das nordeuropäische Kino, zumindest jenes, das hier zu sehen ist? Haben die Schweden, Norweger, Dänen nun doch vor allem ihr Heil im Fernsehen gesucht und gefunden? Mal Børge fragen! CHASING THE WIND jedenfalls kann gleich gar nicht an einst so liebgewonnene und jetzt herbeigesehnte Stärken des Nordkinos heranreichen, nicht in Bezug auf die Wucht, die er lostritt, oder den skurrilen Humor, der ihm beisitzt. Er ist einfach zu harmlos.

Zurückzukehren aus Gefilden, die neue Heimat wurden, braucht Anlässe. Runde Geburtstage oder Hochzeiten eignen sich bestens, auch Beerdigungen – oft und gern auf der Leinwand nachgestellt. Anna ist einst vom nördlichen Norwegen aus nach Berlin gegangen. Das Wort Flucht wird fallen. In der deutschen In-Stadt hat sie Mathias gefunden, den sie heiraten mag, einen Job hat sie auch. Es läuft. Bis Anna ein Anruf erreicht, und sie sich auf den Weg ins Dorf ihrer Kindheit macht. Langsam bekommt Annas Vergangenheit Kontur, wobei sie das eine oder andere Geheimnis noch selbst überraschen wird. Vor Ort ist ihr grantiger Großvater Johannes, der gerade seine Frau verloren hat. Kühl begrüßt er die Enkelin: „Keiner hat Dich gezwungen zu kommen.“ Auf Annas Antwort „Mein Freund hat mich überredet“ kontert er böse: „Dann ist er ein Idiot.“

Anna trifft ihren Teenie-Freund Håvard wieder, der eine kleine Tochter hat, die Naturkatastrophen nachspielt. Håvards Frau ist tot wie Annas Eltern. Wunden allerorten. Schon früh im Film hofft man sehr, er möge es sich nicht gar so leicht machen, nicht die Jugendliebe vollends neu entfachen, möge den garstigen Zausel Johannes nicht gleich zum „Sympathex“ mutieren lassen, und dann, wenn Mathias aus Berlin anreist, möge es nicht gar zu sehr krachen. CHASING THE WIND von NORD-Regisseur Rune Denstad Langlos hilft das Hoffen nur bedingt. Die Fallen sind gestellt.

Gut, das Spiel mit der Landschaft ist dezent, der Soundtrack ist kammerstreicher-, nicht meerlastig, doch der Dramaturgie fehlt es einfach an innerer Kraft und Überzeugung. Auch schauspielerisch wirkt alles viel zu gedämpft, um Schlafittchen zu packen. Opas olle Sprüche à la „Früher war das Salz salziger“ oder seine Literaturzitate, die er gern auf Deutsch radebricht, würden Kaurismäki wohl auch hier zum Urteil provozieren, das er dereinst GOOD BYE, LENIN! ins Stammbuch schrieb: zu viele Worte!

[ Andreas Körner ]