Auf das Dokument des Triumphes folgt das des Scheiterns. Und wie so oft entdeckt man gerade im Letzteren die wahre Größe eines Menschen. CHE – GUERILLA ist der zweite Teil jenes ambitionierten Filmprojektes von Steven Soderbergh, bei dem man nicht immer die Frage vergißt, warum der Mann eigentlich so viel Zeit und Energie darin investierte, einem diese Geschichte zu erzählen. Doch während in CHE – REVOLUCIÓN der Mythos vor Soderberghs sanft-drängendem Insistieren weiterhin hartnäckig den Menschen Guevara in Sicherheit barg, zeigen sich in GUERILLA jene Risse, durch die durchaus erhellendes Licht dringt.
Soderbergh nämlich gelingt es schlichtweg famos, dem Martyrium das Pathos zu nehmen. Dem Martyrium und der Desillusionierung, die Guevara in Bolivien erlitt. Was für Che wahrscheinlich ein und dasselbe war, angesichts einer Landbevölkerung, die, im Gegensatz zur Erfahrung auf Kuba, sich von der revolutionären Emphase, von der Verheißung der Freiheit, eben nicht anstecken ließ.
Und so protokolliert Soderbergh aus wie gehabt nüchterner, gleichwohl auch wieder empathischer Distanz eben nicht nur den Guerillakampf als eine endlose, fast monotone Abfolge blutiger Scharmützel, sondern er zeigt, wie Guevara sein Weltbild, seinen – das muß man genau so sagen – kommunistischen Glauben verteidigt, gegen eine verarmte, ungebildete, eingeschüchterte Bevölkerung, die für diesen Glauben einfach nicht empfänglich ist. Der Funke der Revolte, geschweige die Flamme der Revolution zünden in Bolivien nicht. Guevara, ein Sisyphus. Daran ändern weder bewaffnete Präsenz noch medizinische Hilfe für die Landbevölkerung etwas.
Die Zähigkeit dieses Che Guevara, sein Glauben, sein Fanatismus, sein revolutionäres Heilsbringertum – das alles hat etwas Quasireligiöses, das alles atmet Martyrium, verlockt zur Verklärung. Soderbergh verweigert das und zeigt stattdessen den ermüdenden Alltag im Dschungelkrieg und die fast schon apathische Zwangsläufigkeit, mit der alles auf das bittere Ende hinausläuft. Und Soderbergh verweigert vor allem jenes an Andrea Mantegnas „Toter Christus“ gemahnende berühmte letzte Bild Guevaras, das ihn nach seiner Ermordung aufgebahrt zeigt. Soderbergh verweigert es – und man hat es doch so klar vor Augen. Symptomatisch. Umso beeindruckender, wie CHE – GUERILLA dennoch vermag, die politische und persönliche Passionsgeschichte Guevaras ohne Leidenspathos zu erzählen.
Originaltitel: CHE – GUERILLA
USA/Spanien/F 2008, 131 min
FSK 12
Verleih: Central
Genre: Historie, Drama, Polit
Darsteller: Benicio del Toro, Demián Bichir, Franka Potente, Rodrigo Santoro, Catalina Sandino Moreno
Regie: Steven Soderbergh
Kinostart: 23.07.09
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.