Originaltitel: CHLOE

Kanada/USA 2009, 96 min
FSK 12
Verleih: Kinowelt

Genre: Drama, Erotik, Thriller

Darsteller: Julianne Moore, Liam Neeson, Amanda Seyfried, Max Thieriot

Regie: Atom Egoyan

Kinostart: 22.04.10

1 Bewertung

Chloe

Was Nathalie hat und diese Dame eben nicht

Dieser Film ist ein Voyeurismus in exquisitem Set-Design. Ein Schreiten wie auf dicken Teppichen in guten Hotels. Leise Musik in Bars, das Klirren der Eiswürfel in den Drinks. Stimmen, die konspirativ, reflektierend oder vertraulich gepflegte Dialoge sprechen. Ein Film, der sich mit jener Eleganz bewegt, mit der sich hier auch die Männer, aber natürlich vor allem die Frauen bewegen, wenn sie durch die stimmigen Interieurs wandeln.

Atom Egoyan (EXOTICA, DAS SÜSSE JENSEITS, WAHRE LÜGEN) konnte das schon immer sehr gut. Räume zeigen, die Figuren darin. Mit der Kamera so arbeitend, daß wir, die Zuschauer, wie unsichtbare Voyeure eben, immer dabei sind. Nicht, daß das etwas mit platter Spannerei zu tun hätte. Denn wenn Egoyan oft und so auch in CHLOE, dem Remake von Anne Fontaines NATHALIE (2004), Erotik nicht ausschließt, bleibt die doch gern in einer Atmosphäre der Unterkühltheit verhaftet.

Die erfolgreiche Ärztin Catherine entdeckt auf dem Handy ihres Ehemanns, dem Musikprofessor David, eine SMS, die an der Treue des Gatten zweifeln läßt. Um Gewißheit zu erlangen, engagiert Catherine das Luxus-Callgirl Chloe. Tatsächlich kann die bald Explizites über ihre Treffen mit David berichten. Doch entwickelt sich durch diese Beichten zwischen Chloe und Catherine eine Intimität, die erst erotische Eigendynamik entfaltet und dann in einem Spiel mündet, das so faszinierend wie gefährlich ist.

Einem Spiel, dessen Vibrationen aber in Egoyans Film nie über, um im Bild zu bleiben, das Klirren von Eiswürfeln in Whiskygläsern hinauskommen. Weil diese Vibrationen eben keine Erschütterungen werden – und das, obwohl CHLOE eine Geschichte erzählt über Erschütterungen, über das Zerbröckeln von Fassaden und die abgrundtiefe Einsamkeit und gefährliche Sehnsucht dahinter. Egoyan reflektiert über Suggestionen, die in eine Tragödie führen. Nur, daß das hier zwar melodramatisch, aber eben nie tragisch ist. Aus demselben Grund, wie der Film zwar sexy anzuschauen, aber eben nicht wirklich erotisch ist.

Man kann das gut an der Titelfigur festmachen. Amanda Seyfried als Chloe gibt die Verführerin, die an ihrer Einsamkeit verzweifelt. Doch verweist diese Verzweiflung nie über das telegene Szenario hinaus, in dem diese Chloe als ein Artefakt in schickem Design verharren muß. Chloe läßt einen kalt. Wie anders war das doch noch bei Emmanuelle Béart als Nathalie.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.