Vorweg: Wie es konkret um Cindy und ihre mangelnde Zuneigung steht, erfährt man erst am Ende. Wer also den Titel ergründen will, muß durchhalten – was Schwierigkeiten birgt. Doch dazu später. Zunächst einmal geht es um Maria, welche nicht nur Krankenschwester, sondern auch ein wildes Weib ist, das sich gleich zwei Freunde hält, nämlich den saucoolen Beziehungsverweigerer Franz und David, einen gescheitelten Rechtsreferendar, über Mangel an Abwechslung kann Maria demnach nicht klagen. Trotzdem verschwindet sie plötzlich spurlos, was die Herren zwangsweise vereint und auf die Suche schickt. Unser ungleiches Duo reist nach Philadelphia (das lustige Dorf in Brandenburg, nicht die amerikanische Stadt), Dänemark und Gott weiß wohin, bis Marias Motiv enthüllt wird ...
Okay, das klingt nach Roadmovie und Mystery-Liebesgeschichte, man kriegt insgesamt schon mit, was das Ganze möchte, aus Fairneßgründen sei auch erwähnt, daß sich der Kameramann jede Mühe gab, das Geschehen nicht ganz so deutsch, sprich bieder, abzulichten. Bringt allerdings wenig, wenn inhaltlich immer wieder überdeutliche Andeutungen den Erklärbären von der Leine lassen. Etwa dann, als Marias Mutter Donizettis „Lucia di Lammermoor“ auflegt und zielsicher zu „Il dolce suono“ springt. Das bedingt bei einer LP nicht bloß magischer Koordinationsfähigkeit, sondern (Hilfe für Opernverächter: dies ist Lucias „Wahnsinnsarie“) wirkt eben arg plakativ. Wie so manches hier, zum Beispiel die Figurenzeichnung, welche zwischendrin einen dicken rothaarigen Mann in Pink inklusive Lipgloss auffährt. Man braucht ja noch mehr Gegensätze zu Macker und Zukunfts-Anwalt.
Dazu kommen schließlich Dialoge, die Banalität, Pseudo-Philosophie und Peinlichkeiten abdecken, wenn sie nicht gerade sowieso auf dem Holterdipolter-Trip zwischen verschiedenen Themen herumhüpfen, vieles anreißen, aber kaum zu Ende bringen. Immerhin kann man ihnen beispielsweise entnehmen, daß Dänemark scheiße ist, und Marias Brüste nach altem, im Schrank vergessenem Tee duften. Jaaa, so was wollen Frauen hören, das prickelt wie Brausepulver im BH!
Als absoluter Favorit geht dabei indes folgender, mit in Nahaufnahme gefalteter Stirn vorgetragener Spruch durch: „Mir gefällt dieses Gefühl, nicht einzuschlafen.“ Uns auch, vor allem im Kino. Obwohl die liebe Cindy solches Unterfangen zur gnadenlosen Herausforderung macht.
D 2010, 92 min
FSK 0
Verleih: Reverse Angle
Genre: Liebe, Roadmovie, Drama
Darsteller: Clemens Schick, Peter Weiss, Anne Schäfer, Jacques Malan
Stab:
Regie: Hannah Schweier
Drehbuch: Hannah Schweier
Kinostart: 10.06.10
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...