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Citizenfour

Big Brother Is Watching Us

Heute ist der Name Edward Snowden weltbekannt und eine Chiffre für Datenschutz und Bürgerrechte. Im Frühjahr 2013, als der Informatiker sich entschied, zum Whistleblower zu werden, war das anders. Unter dem Pseudonym Citizenfour kontaktierte Snowden Laura Poitras. Die Regisseurin, die durch ihre kritischen Dokumentarfilme wie THE OATH und MY COUNTRY, MY COUNTRY bereits auf der sogenannten „Watch List“ des US-Außenministerium stand und nach Deutschland übersiedelte, um überhaupt unbehelligt arbeiten zu können, ließ sich auf die Kommunikation mit dem Unbekannten ein. Dieser bat Poitras nur um eines: Die Informationen, die er gesammelt hatte, sollten mit ihrer Hilfe die amerikanische Öffentlichkeit erreichen, egal, was ihm selbst passierte. Die Informationen, die er Poitras zuspielte, machten aus einer kollektiven Ahnung eine unheimliche Gewißheit: Wir leben in einem globalen Überwachungsstaat.

Nach wochenlangem Mailkontakt kam es Anfang Juni zu einem Treffen zwischen Snowden, Poitras und dem Zeitungsjournalisten Glenn Greenwald in Hongkong. Während der Taktiker Greenwald für die geschickte journalistische Enthüllung der mehr als 1,7 Mio. geheimen Dateien zuständig war, konzentrierte sich Poitras schlicht und einfach auf die Beobachtung dessen, was sich in den nächsten Tagen auf engstem Raum in Snowdens Hotelzimmer abspielte. Als Zuschauer erleben wir, wie tatsächlich vor unseren Augen Geschichte geschrieben wird. Laura Poitras zeigt Edward Snowden als sehr überlegt handelnden jungen Mann, der sich sowohl über seine eigene Rolle für die Weltpolitik als auch über die Folgen für sein persönliches Leben sehr genau im klaren ist. Trotzdem verfolgt er seinen Weg ohne jedes Pathos weiter – und beeindruckt vor allem durch die absolute Ruhe, die er ausstrahlt.

Obwohl der kleine Hotelraum trotzdem ab und zu von Momenten der Klaustrophobie durchweht wird (etwa, wenn kurz nach der ersten Enthüllung in den Medien plötzlich der Feueralarm losschrillt und alle sich fragen, ob das ein taktisches Manöver der Geheimdienste ist), gelingt es Laura Poitras, sich mit ihrem Film nicht in die Tiefen der Verschwörungstheorien hinabzubegeben. Das ist angesichts der atemberaubenden Fakten über die NSA, PRISM und den amerikanischen Drohnenkrieg auch nicht nötig. Wer diesen Film sieht, wird die Debatte um Privatsphäre und Überwachung mit anderen Augen sehen. Damit hat Snowden eins seiner wichtigsten Ziele schon erreicht.

Originaltitel: CITIZENFOUR

USA/D 2014, 115 min
FSK 0
Verleih: Piffl

Genre: Dokumentation, Polit

Regie: Laura Poitras

Kinostart: 06.11.14

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.