Der Dokumentarfilmer Bertram Verhaag macht das, was viele abfällig als Weltverbesserer-Dokus bezeichnen. Mit einer unglaublichen Kontinuität bringt er Jahr für Jahr einen neuen Film heraus. Mal geht es um Landwirtschaft, mal um Atomkraft, mal um Gentechnik. Immer geht es vor allem um die Menschen, die hinter diesen Schlagworten stehen. Mit seinem neuen Film CODE OF SURVIVAL schließt Verhaag seine Reihe von zehn Dokus zum Thema Gentechnik ab, die in den letzten 30 Jahren entstanden. Es ist ein guter Film, um in das Thema einzusteigen. Denn der Film macht deutlich, welches Wissen der Regisseur durch seine langjährige Beschäftigung mit dem Thema gesammelt hat.
Dabei sagt Verhaag ganz offen, daß er sich nicht als Gentech-Experte versteht. Jeder Wissenschaftler sei ihm in Diskussionen über die Risiken der Genmanipulation in Nahrungsmittel- und Futterpflanzen weit überlegen. Deshalb konzentriert sich der inzwischen 73jährige Regisseur nicht auf eine biotechnologische, sondern auf eine menschliche Argumentation. Statt die Risiken der Gentechnik an die Wand zu malen (wie es in manchem Vorgängerfilm passierte), setzt er nun vor allem Menschen ins Bild, die sehr bewußt ohne Gentechnik auskommen. Menschen, die ökologisch, ganzheitlich und nachhaltig Landwirtschaft betreiben: als Teeproduzent im Himalaya, als biodynamischer Oasenproduzent in der ägyptischen Wüste oder schlicht und einfach als Bio-Bauer in Bayern, der seine Schweine immer noch selbst schlachtet, obwohl er inzwischen längst vegan lebt.
Es ist Verhaag hoch anzurechnen, daß auch die Vertreter der Pro-Gen-Fraktion, die sich im Film äußern, allesamt eloquent und ansprechend agieren. Keiner der Gesprächspartner wird vorgeführt. Dennoch ist nie fraglich, wem die Sympathien gehören. Und wenn der US-amerikanische Pflanzenspezialist dann ein paar Vergleichszahlen zum parallelen Anstieg des Konsums von Gen-Nahrungsmitteln sowie Handicaps und Krankheiten wie Autismus und Krebs referiert, fragt man sich entsetzt, warum Gentech-Nahrung (und die dazugehörigen Pestizide von Monsanto und Co.) überhaupt noch in Erwägung gezogen werden.
Wer CODE OF SURVIVAL gesehen hat, wird beim nächsten Einkauf im Supermarkt dem Kleingedruckten deutlich mehr Aufmerksamkeit schenken – oder gleich im Bioladen landen.
D 2016, 95 min
FSK 0
Verleih: Pandora
Genre: Dokumentation
Regie: Bertram Verhaag
Kinostart: 01.06.17
[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.