Auf einem belebten Boulevard in Paris paßt Jean die Freundin seines Bruders ab und sucht Unterkunft bei ihr. Nicht zum ersten Mal ist er vom Bauernhof seines Vaters weggelaufen. Anne ist darüber nicht besonders erfreut, hat aber keine Zeit für Diskussionen. Das macht den Jungen nur wütend, und er schmeißt ein Stück zerknülltes Papier in die Hände der bettelnden Maria. Als Amandou ihn wegen dieser Verhöhnung zur Rede stellt, beginnt eine Rangelei. Die Polizei greift ein, verhaftet Amandou, und Maria muß zurück nach Rumänien: sie war illegal eingewandert.
Ausgehend von dieser Anfangssequenz zeigt der Film die Lebenszustände dieser Figuren. Maria will nicht in Rumänien bei ihrer Familie bleiben, sondern versucht wieder auszuwandern. Der aus Mali stammende Amandou ist Musiklehrer an einer Taubstummenschule Das Thema Ausländerfeindlichkeit erlebt er als tägliche Auseinandersetzung. Jean weiß nicht so recht wohin, aber auf dem Bauernhof seines Vaters will er bestimmt nicht bleiben. Seine Aggressivität anderen gegenüber ist nur Wut gegen seine eigene Verlorenheit. Sein Bruder Georges und dessen Freundin Anne können kein normales Miteinander leben. Georges arbeitet als Kriegsreporter, und wenn er in Paris ist, fällt es ihm schwer, sich an das normale Leben zu gewöhnen. Anne ist als Schauspielerin recht gefragt, und man erlebt sie in einigen Rollen, die sehr geschickt im Film untergebracht werden.
In diesen Szenen erinnert man sich an Hanekes FUNNY GAMES. Die fragmentarische Zeichnung der Figuren zeigt das Bild einer zerrissenen Realität. Es gibt keinen Platz der Idylle, nur Momente, in denen sich die Einzelschicksale zum Gesamtbild einer ratlosen Menschheit verdichten. Die Wahrhaftigkeit dieses Films, die sich jeder einfachen Erklärung entzieht, überstrahlt noch lange nach dem Kinobesuch die eigene Wahrnehmung.
Originaltitel: CODE INCONNU
F 2000, 117 min
FSK 12
Verleih: Prokino
Genre: Drama
Darsteller: Juliette Binoche, Josef Bierbichler
Regie: Michael Haneke
Kinostart: 01.02.01
[ Sarah Schipschack ]