D 2006, 94 min
Verleih: Flying Moon

Genre: Dokumentation

Stab:
Regie: Uli Gaulke
Drehbuch: Uli Gaulke

Kinostart: 03.01.08

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Comrades In Dreams

Von Celluloid Afficionados zwischen Wyoming und Nordkorea

Menschen drängeln sich vor einer meterhohen Absperrung. Scheinwerfer tanzen über die nächtliche Szenerie, Kinder werden über die Köpfe nach vorne gereicht, die Spannung ist fast mit Händen zu greifen. Aus dem Führerhaus eines alten Lastwagens blickt Anup auf die Menschenmenge herab und lächelt: sein Zelt-Kino im indischen Bundesstaat Maharadscha wird heute wieder bis auf den letzten Platz ausverkauft sein.

Auch die Nordkoreanerin Han Yong-Sil plagen keine Sorgen um die Zuschauerzahlen. Die zurückhaltende Filmvorführerin spielt immer vor vollem Haus. Ihr Kino in der Veranstaltungshalle einer Landarbeiter-Kooperative zeigt ausschließlich heimische, regierungstreue Produktionen. Unterhaltung ist in Nordkorea rar, und das Regime nutzt die mobilisierende Kraft des Kinos für die eigenen Zwecke.

Diese beiden ungleichen Kollegen sind nur zwei der vier Kinomacher, die Uli Gaulke auf seiner cineastischen Weltreise besucht. Ein weiterer Abstecher führt ihn nach Afrika, wo er die Organisatoren eines Open Air Kinos in Burkina Faso trifft und nach Wyoming, wo die alleinstehende Mittfünfzigerin Penny Tefertiller gegen alle Regeln der Vernunft ihr Provinzkino am Laufen hält. So unterschiedlich die Systeme, so ähnlich die Motive. Jeder einzelne von ihnen ist überzeugt, daß Kino die Menschen glücklich macht. Dafür nehmen sie vieles in Kauf. Das erste Opfer ist meistens das eigene Privatleben, weil es heute - jenseits der großen Multiplexe in den Metropolen - ungeheuer viel Kraft kostet, Träume auf Zelluloid zu vermitteln. Der Mut, trotzdem am Traum vom eigenen Kino fest zu halten, macht die vier unterschiedlichen Protagonisten zu Geschwistern im Geiste.

Auch Uli Gaulke weiß, wieviel einen die Leidenschaft fürs Kino kosten kann (er gründete 1994 mit Freunden das Balasz-Kino in Berlin). Aber unabhängige Kinomacher folgen einer Berufung - und fragen nicht nach geregelten Arbeitszeiten. In Leipzig gibt es glücklicherweise eine ganze Menge Kinoverrückte, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben. COMRADES IN DREAMS könnte sich zu einem Dauerbrenner auf diesen "kleinen" Leinwänden entwickeln, denn er huldigt auf humorvolle Art allen, die ihr Herz an das Kino verloren haben: den filmverrückten Machern und den Zuschauern, die sich immer wieder aufs Neue mitnehmen lassen. Auf Wege jenseits der genormten Bilder und Geschichten!

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.