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Concerning Violence

Beredte Bilder und pulverisierte Texte

2011 brachte der Regisseur Göran Olsson einen Film in die Kinos, der sich aus Fundstücken montierte, auf die Olsson in schwedischen Fernseharchiven stieß. Verschollene und teilweise wohl auch vergessene Reportage-Aufnahmen aus den USA der 60er und 70er Jahre, die thematisch das Wirken der Black-Power-Bewegung umkreisten und darüber hinaus vom damaligen Alltagsleben der Afroamerikaner ein eindrückliches Bild lieferten. THE BLACK POWER MIXTAPE nannte Olsson seinen Film, der, unterlegt mit Soul- und Jazzmusik jener Zeit, ein faszinierendes Stück Dokumentarkino darstellt.

Nun fand Olsson in fraglichen Archiven wohl noch einiges mehr an Material, das er für eine weitere filmische Aufbereitung für würdig befand und aus dem schließlich CONCERNING VIOLENCE entstand. Ein Doku-Patchwork, dessen Untertitel NINE SCENES FROM THE ANTI-IMPERIALISTIC SELF-DEFENSE lautet und gewissermaßen beim Black-Power-Impetus des Vorgängers bleibend einen Blick auf die Befreiungskämpfe in Afrika der 60er und 70er Jahre wirft. Und erneut einiges an faszinierendem Material bietet.

Eine Zeitreise ist CONCERNING VIOLENCE. 16-Millimeter-Aufnahmen zeigen Szenen vom Guerilla-Krieg in Guinea-Bissau, die an Schonungslosigkeit kaum zu übertreffen sind. Man sieht weiße Männer in Tansania, die mit der Selbstherrlichkeit einer verinnerlichten Kolonialherrenmentalität dieses Land als das ihre und ihnen mithin von Gott zugeeignete betrachten. Man hört einen Robert Mugabe von der Zukunft sprechen, die er seiner Heimat Simbabwe, das hier noch Rhodesien heißt, bereiten will mit seinem revolutionären Kampf. Eine Zukunft der Toleranz, des gleichberechtigten Miteinanders von Schwarz und Weiß ist es, was Mugabe postuliert. Eine Szene, die für sich spricht.

Und auch die braucht jene vor allem emphatischen Texte des antikolonialen Widerstands-Theoretikers Frantz Fanon (1925-1961) nicht, mit denen Olsson seinen Film immer wieder unterlegt. Vielleicht aus politischer Intention, vielleicht aus bloß formaler, um dem divergierenden Material eine engere dramaturgische Klammer zu geben. Mag verständlich sein, funktioniert aber nur bedingt. Zeigt allein jener Kamerablick in das Gesicht einer vom Krieg verstümmelten, jungen, schwarzen Mutter, die ihr ebenfalls verstümmeltes Baby stillt. Ein Bild pulverisiert jeglichen Text. Und auch das spricht für sich.

Originaltitel: CONCERNING VIOLENCE

S/USA/DK/Finnland 2014, 78 min
FSK 12
Verleih: Arsenal Institut

Genre: Dokumentation, Polit

Regie: Göran Olsson

Kinostart: 18.09.14

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.