Neil Youngs Songs prägen seit mehr als 40 Jahren die Rockgeschichte. Doch anders als viele Rock-Opas, die sich mit ihren von Mittelklasse-Autohäusern gesponserten Konzerttourneen eine goldene Nase verdienen und mit Statements zur politischen Lage auffällig zurück halten, hat Young sich nie von seinen Wurzeln in der Anti-Vietnamkriegs-Protestbewegung distanziert, sondern sich immer als ausgesprochen politischer Künstler verstanden (und nicht selten auch stilisiert).
Mit dem Dokumentarfilm CROSBY, STILLS, NASH & YOUNG - DÉJÀ VU untermauert er diesen politischen Anspruch nun noch mal allzu deutlich. Der Film dokumentiert Youngs "Freedom of Speech"-Tour, die ihn 2006 mit den alten Musikerkollegen von Crosby, Stills und Nash durch Amerika führte. Neben alten Hits standen vor allem die Songs von Youngs neuem Album "Living With War" im Zentrum der Konzerte. Young wollte die USA angesichts der verheerenden Lage im Irak aufrütteln und verglich die Situation in Interviews nicht von ungefähr immer wieder mit 1968.
Wie wir alle wissen, gelang es ihm trotz seiner drastischen Worte nicht, eine neue Bürgerbewegung loszutreten. Statt dessen wurde die Konzerttournee für die vier Althippies zu einem kalkulierten Spießrutenlaufen vor ihren eigenen, nicht selten erstaunlich konservativen Fans, die häufig nur kamen, "um die schöne alte Musik mal wieder zu genießen" und sich energisch dagegen wehrten, sich dabei "politisch indoktrinieren zu lassen." Viele andere - darunter auch die Musiker selbst - feiern die Konzerte dagegen als Ausgangspunkt ihrer ganz persönlichen politischen Wiedergeburt. Kurz: das Echo auf die Tour war ausgesprochen gespalten.
Ähnliches kann man für den Film voraussagen. Das liegt nicht zuletzt an der unglaublichen Omnipräsenz, mit der Young das Projekt prägt. Indem er nicht nur als politischer Initiator, sondern gleichzeitig als Bandleader, Dokumentarist und Regisseur auftritt, nimmt er seiner eigenen Botschaft viel von ihrer Kraft. Denn zur Freiheit der Rede gehört eben auch, nicht nur selbst zu sprechen, sondern auch andere zu Wort kommen zu lassen.
Originaltitel: CSNY DÉJÀ VU
USA 2007, 96 min
Verleih: Arsenal
Genre: Dokumentation, Musik
Regie: Bernard Shakey (alias Neil Young)
Kinostart: 10.07.08
[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.