Originaltitel: CYRUS

USA 2010, 93 min
FSK 6
Verleih: Fox

Genre: Tragikomödie

Darsteller: John C. Reilly, Marisa Tomei, Jonah Hill, Catherine Keener

Stab:
Regie: Jay und Mark Duplass
Drehbuch: Jay und Mark Duplass

Kinostart: 25.11.10

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Cyrus

Ödipales zwischen Spaß und Ernst

„Schöner Penis!“ Wenn das der erste Satz ist, den man von einer unbekannten Schönen hört, dann ist es sicher nicht vermessen, wenn man sich einige Chancen bei ihr ausrechnet. Und so bleibt John, depressiver Single Mitte 40, dran an dieser Molly, die ihm bei einer Party beim Abstrullen im Garten erwähntes Kompliment macht. Und man kann es John nicht verdenken, schließlich ist Molly nicht nur attraktiv, witzig und clever, sondern zu allem Überfluß bisher genauso glücklos beim Finden des Topfes zum Deckel.

John bekommt allerdings recht schnell heraus, was der Haken an dieser Superfrau ist. Er heißt Cyrus, wohnt mit 22 Jahren noch zu Hause bei Mama und hat einen so großen Ödipuskomplex, daß Loriot dagegen wie Clint Eastwood wirkt. Der schwergewichtige Sohnemann überläßt seinen Platz an Mamas Seite natürlich nicht kampflos, erst recht nicht einem dahergelaufenen Loser wie John. Der Krieg zwischen Muttersöhnchen und seinem ungewollten Stiefpapa in spe wird verdeckt geführt, denn keiner will der liebreizenden Molly offenbaren, was für ein psychisch labiles Wrack er in Wirklichkeit ist.

Aus dieser schrägen Dreieckskonstellation hätten andere vielleicht eine platte Beziehungskomödie oder ein Familiendrama gemacht, aber die Regisseure Jay und Mark Duplass wollten sich offensichtlich nicht so einfach zwischen Spaß und Ernst entscheiden. Und das ist in diesem Fall auch gut so. Ihr Film pendelt gekonnt leichtfüßig zwischen komischen, tragischen und einfach nur wahnsinnig unangenehmen Momenten. Letztere sind vor allem dank der tollen Darsteller sehens- und ertragenswert. Alle drei Hauptakteure schaffen es, ihren Figuren die volle Bandbreite Leben einzuhauchen, wobei insbesondere den beiden männlichen Parts ein Kompliment zu machen ist. Denn das komödiantische Timing, selbst aus emotional sehr ambivalenten Szenen noch einen Lacher herauszuholen, wie es Jonah Hill und John C. Reilly in CYRUS immer wieder gelingt, muß man erst einmal haben.

Und allen selbsterkorenen Comedy-Spezies, die sich mit dumpfen Pointen auf Kosten ihrer Charaktere von Schenkelklopfer zu Schenkelklopfer hangeln, diene dies zur Anschauung: Nur wer seine Charaktere wirklich ernst nimmt, erzeugt Komik, die tiefer geht, anstatt immer wieder bloß unter die Gürtellinie. Ein kleines Kunststück.

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...