D 2022, 99 min
FSK 0
Verleih: Weltkino
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Ulrike Willenbacher, Zbigniew Zamachowski, Imogen Kogge, Franziska Machens, Ueli Jäggi
Regie: Mareille Klein
Kinostart: 29.09.22
Es macht Helga sofort sympathisch, wie sie beim Anblick einer Spinne nicht hysterisch gellend nach dem Staubsauger greift, sondern das Tierchen retten möchte. Leider kracht sie dabei durch den ziemlich maroden Boden und bleibt hängen. Erst am Folgetag holt die polnische Putzkraft Hilfe und geht dann in Urlaub. Der zur Vertretung geschickte Ryszard kriegt volle Lotte Helgas Unmut ab und weiß sich sanftmütig sowie des Deutschen unkundig kaum zu wehren (völlig egal, daß es ja Helga ist, die weder Polnisch noch Englisch spricht!).
Und es hat sich einiges angestaut, die schon vor Jahren vom Gatten Verlassene kommt weiter nur schlecht drüber weg, auch sonst steckt sie total fest. Was Mareille Klein in ihrem zweiten Film nach DINKY SINKY erneut in Aneinanderreihung pulsierender Schmerzpunkte, sarkastischer Milieustudien und präziser Kabinettstückchen zu Großem umformt: Da gleichen Helgas Telefonate mit einer stets streßbelasteten Tochter, die alles irgendwie kraß findet und anhand des Schweregrades möglicher Verletzungen abschätzt, ob Muttis Rettung wirklich drängt, Echos aus emotionalen Leerräumen. Befreundete Damen, von jobtechnische Höchstleistungen erbringenden Ehemännern zum ereignislosen Luxusdasein verdammt, darob höchst gelangweilt, dienen der kartenspielenden Ablenkung – und blubbern wenig mehr als dünnflüssiges Geseier. Helgas Welt hat sich im Zeitenlauf ab- und zuschnürend genug verengt, um sie auf die gegeiferte Anschuldigung „Der wollte was von mir!“ ganz ernsthaft fragen zu lassen: „Was denn?“
Kann man galanter zwischen inszenierter Tragikomik und echtem Leben changierende Dialoge schreiben? Schwerlich. Darin nadelstichbespitzt aktuelle Bezüge herstellen? Na sicher: „Arzthelper … Helperin!“ Parallel entfaltet sich fein nuanciert die – natürlich – Annäherung zweier einsamer Seelen, Klein leidet nie unter Zeitdruck, beschaut tiefenentspannt einen ersten Tanz und hört genau hin, wenn einfache Worte so viel sagen: „Es war doch noch schön.“
Ihr wunderbarer Nachfolger taugt bloß weit entfernt zum Politikum, streift Ausbeutung und Arbeitskampf lediglich dezent, liefert damit moralisch angesäuerten Vorwürfen Zielfläche. Sie trägt entsprechende Risiken erhobenen Hauptes. Weil manchmal das Intime, Zarte eben höhere Wichtigkeit birgt, ungleich drängendere Wucht entfaltet.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...