Originaltitel: DALÍLAND

USA/GB 2022, 97 min
FSK 16
Verleih: SquareOne

Genre: Drama, Biographie

Darsteller: Ben Kingsley, Barbara Sukowa, Ezra Miller, Christopher Briney, Rupert Graves, Alexander Beyer

Regie: Mary Harron

Kinostart: 07.09.23

3 Bewertungen

Dalíland

Szenen einer Ehe

1974, New York. Es ist der Eintritt in eine Lusthöhle: überlaufende Champagnergläser und rot gefärbte Lippenstiftmünder, freizügige Kleider und weißes Pulver auf spiegelglatten Unterlagen. Mittendrin wandelt Ben Kingsley als Salvador Dalí in langem Gewand und mit staunenden Augen. Der mittlerweile in die Jahre gekommene Künstler verbringt seine Winter regelmäßig in einem Luxushotel und verpraßt sein Geld mit ausschweifenden Parties, in denen er die New Yorker Künstlerelite mit Alice Cooper oder Amanda Lear um sich schart. Eine zentrale Figur ist seine exzentrische Frau und Muse Gala, die seine Arbeit und seine Geschäfte überwacht. Denn es läuft nicht alles rund für den Weltstar des Surrealismus. Seine Geldgeber sitzen ihm im Nacken, und die Ehe mit Gala ist auch alles andere als einfach.

Die kanadische Regisseurin Mary Harron zeichnet in DALÍLAND das Leben Dalís nach. Dabei konzentriert sie sich auf die letzten Jahre des großen Künstlers, in denen er aus Schaffensdruck nackte Ärsche auf Papier druckt oder Gala sich mit jungen Liebhabern vergnügt. DALÍLAND ist eine großes, buntes Knallbonbon, eine einzige Kostümschlacht, ausschweifend und einladend. Erzählt wird alles aus Sicht von James, eines schönen Kunststudenten, den Dalí als Assistent anheuert. Mit großen Augen mäandert er durch Dalís funkelnde Welt, beobachtet die von Liebe und Haß geprägten Szenen einer Ehe, dem Herzstück des Films. Denn James bleibt seltsamerweise als Figur bis zu Ende hin blaß, und auch seine erotischen Partybekanntschaften entfalten keine Sogwirkung.

Das wirklich Unterhaltsame an dem Film aber sind die dialogstarken Szenen des altes Künstlerpaares: Kingsley als zwischen Wahnsinn und Genie schwankender Dalí, der die Machenschaften um ihn herum bewußt ausblendet, und die große Barbara Sukowa als Gala, die ihren Mann mit Krallen und hysterischen Ausbrüchen auf fast mütterliche Weise liebt und beschützt. Hier schimmert die Tragik des Altwerdens durch, die auch vor gut betuchten Stars nicht haltmacht. Die Rückblenden in die Vergangenheit zum Anfang ihrer Beziehung wirken dramaturgisch etwas bemüht, und am Ende werden die Abgründe des Kunstmarktes beleuchtet. James bringt hier auf fast naive Art und Weise Licht ins Dunkel.

[ Claudia Euen ]