Originaltitel: THE DARJEELING LIMITED

USA 2007, 91 min
FSK 6
Verleih: Fox

Genre: Komödie

Darsteller: Owen Wilson, Jason Schwartzman, Adrien Brody, Amara Karan, Anjelica Huston

Regie: Wes Anderson

Kinostart: 03.01.08

6 Bewertungen

Darjeeling Limited

Selbstfindungstrip auf Schienen

Wes Anderson ist ein Paradiesvogel im Filmtreiben Hollywoods. Seine Werke entziehen sich regelmäßig jeglicher Kategorisierung und sämtlichen Erwartungen, die man an sie stellt. Er gönnt sich auch schon mal einen Vorfilm, um seine Geschichte ein halbes Jahr vor Kinostart zu beginnen. Dieser 10-Minüter hört auf den Namen HOTEL CHEVALIER und bildet nun auch im Kino eine hervorragende Einstimmung auf die darauf folgenden 90 Minuten voller Skurrilität, Sinnsuche und Slowmotions.

Hauptdarsteller in DARJEELING LIMITED ist der gleichnamige Zug - eine alte, ehrwürdige Dampflokomotive mit hölzernen Wagons. Einen von ihnen beziehen die Brüder Peter, Jack und der Älteste, Kontrollfreak Francis, der sie in diesem Abteil versammelt hat, um mit ihnen die alte Bruderschaft wieder heraufzubeschwören. Anlaß dafür war ein Unfall, der beinahe tödlich für ihn ausgegangen wäre. Nun sitzt er bandagiert auf der Bank und erklärt seine Pläne, die täglich auf laminierten Kärtchen genauestens dokumentiert werden. Was die beiden anderen noch nicht wissen: Ziel ist ein Kloster am Fuße des Himalaja, in dem ihre Mutter predigt.

Jedoch hat Francis die Macken und Marotten seiner Brüder nicht in die Planung einbezogen. Peters Vorliebe für gefährliche Tiere zum Beispiel, oder Jacks Hang zu Frauen. Schon bald besteigt der Schlaks die ansehnliche Bordbedienung, und Peter ist auf der Suche nach seiner Kobra, die ihm über Nacht doch irgendwie abhanden gekommen ist. Die drei landen folgerichtig mitten im Nirgendwo mit einem Kofferset, einem Drucker und einer Laminiermaschine ... Klingt schräg? Jawohl!

Wußte man bei Andersons früheren Filmen nie so recht, ob man nun lachen oder weinen sollte, verursacht sein fünfter Spielfilm obsessives Staunen ob der Phantasie und der liebenswert menschlichen Art, mit der der verschrobene Texaner seine Geschichte zu erzählen weiß. Wie immer von einem Soundtrack aus Sixties-Klassikern untermalt, geleitet er drei Großstädter aus einem Dunst aus Nikotin, Hustensaft und Schmerzmitteln hin zum Seelenheil. Die drei stehen mal im Bademantel in der weiten Landschaft Indiens, raufen sich postpubertär auf dem Boden ihres Abteils oder fassen sich an den Händen zum Gebet. Den Zug nutzt Anderson, wie schon das U-Boot in seiner letzten filmischen Odyssee, um wundervolle Montagen mit den verschiedenen Charakteren seiner Geschichte zu malen. Ganz so als wären sie Wachsmalstift auf Papier.

[ Lars Tunçay ]