Originaltitel: THE ETRUSCAN SMILE

USA 2017, 107 min
FSK 6
Verleih: Constantin

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Brian Cox, JJ Feild, Thora Birch, Rosanna Arquette, Peter Coyote

Regie: Oded Binnun, Mihal Brezis

Kinostart: 12.04.18

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Das Etruskische Lächeln

Untergehen mit wehenden Fahnen

Alte Männerfüße im schottischen Sandstrand. Von vorne weht der Wind, von hinten eine Vater-, Sohn- und Enkelgeschichte mit existentiellem Aussagewillen. Die Romanvorlage stammt von José Luis Sampedro, erschien 1985 und hatte mit Schottland so wenig zu tun wie die Etrusker mit Molekularküche. Daß die Filmadaption von allem ein bißchen zusammenbringt, und zwar in San Francisco, Kalifornien, wundert Kenner des Buches. Der Film indes will die Kenntnis über das Leben vermehren, das, wenn es zu Ende geht, ein paar allerletzte Chancen bietet.

Zurück nach Schottland. Der alte Mann, der hier steht, heißt Rory MacNeil und ist krank. Wie sehr, kann sein Arzt nur vermuten, denn der ist eigentlich Veterinär. Und er redet auf den alten Sturkopf ein wie auf ein krankes Pferd, bis der zweibeinige Patient endlich einwilligt, eine Spezialklinik in San Francisco aufzusuchen. Immerhin wird er dort kostengünstig unterkommen, nämlich bei seinem Sohn Ian. Am Zielflughafen verpassen sie sich fast – wie sie sich wohl überhaupt ein Vater-Sohn-Leben lang verpaßt haben. Hier begegnen sich Fremde, insgesamt sogar vier: die amerikanische, für Rorys Geschmack viel zu anhängliche Schwiegertochter, ein Sohn, der mit seinem Chemiestudium nichts Besseres anzufangen weiß als Zeug zu kochen, das nicht nach Essen aussieht, ein störrischer alter Schotte, dem die Zeit davonläuft, und ein Baby, das sich als Enkelsohn herausstellt – und in Grandpa ungewohnte emotionale Saiten anschlägt. Die Etrusker? Die warten im Museum, zusammen mit einer Frau, die Rorys letzte Liebe werden wird.

Ein in Scotch getränkter Kauz und ein Säugling, dem die Zukunftssonne aus dem Gesicht strahlt – wenn einen das nicht anlächelt, was sonst? Allerdings fällt das Lächeln bisweilen etwas zu breit aus, mit zu dicker Musik, zu lieblichen Bildern und zu viel erwartbarem Culture-Clash-Charme in CROCODILE DUNDEE-Manier. Denn der Kern dieser Geschichte ist eigentlich aus Wut gemacht. Und dort, wo dieser Film Wut zeigt, ist er dann auch am besten: wenn Ian den Vater ohrfeigen will, es aber nicht tut. Wenn Rory den Sohn umarmen möchte, es aber läßt. Wenn sich Vater und Sohn also in der ganzen archaischen Unzulänglichkeit ihrer familiären Rollen gegenüberstehen, voller Vorwürfe an das Versagen des Anderen und voller Sehnsucht nach Gegenliebe ohne Bedingungen – dann stimmt dieser Film.

[ Sylvia Görke ]