Österreich/D 2013, 115 min
FSK 12
Verleih: X Verleih

Genre: Literaturverfilmung, Krimi, Drama

Darsteller: Sam Riley, Tobias Moretti, Paula Beer, Thomas Schubert, Hans-Michael Rehberg

Regie: Andreas Prochaska

Kinostart: 13.02.14

8 Bewertungen

Das finstere Tal

... als Lichtblick für deutschsprachiges Genrekino

Ein deutsch-österreichischer Western – bei dieser Wortkombination kann einem als mit dem deutschen Genrekino einigermaßen vertrautem Rezipienten im Vorfeld schon etwas mulmig werden. Erst recht, wenn man den Western in beinahe all seinen vielgesichtigen Ausgeburten abgöttisch liebt. Der letzte Versuch einer deutschen Annäherung an das uramerikanische Genre, das in Italien wiederbelebt und in den vergangenen Jahrzehnten schon unzählige Male von Filmkritikern zu Grabe getragen wurde, konnte man auf der letztjährigen Berlinale begutachten: GOLD von Thomas Arslan. Ein Berliner Schule-Western, der sich schlußendlich dem Genre, auf das er mit seinem Setting und seiner Bildsprache mehr als deutlich Bezug nahm, auf unangenehm selbstgefällige Art verweigerte. Grund zur Hoffnung beim FINSTEREN TAL bot neben der lesenswerten Vorlage des Romans von Thomas Willmann, daß mit Andreas Prochaska ein Mann auf dem Regiestuhl saß, der sich schon 2006 mit seinem Slasherfilm IN 3 TAGEN BIST DU TOT mutig an pures Genrekino wagte und nach Punkten gewann.

Nun also ein Alpenwestern. Sam Riley, am besten bekannt als Ian Curtis in Anton Corbijns Regiedebüt CONTROL, reitet 1875 als wortkarger Fremder in ein abgelegenes Bergdorf, wo der Brenner-Bauer und seine sechs Söhne das Sagen haben. Am liebsten würden diese den seltsamen amerikanischen Bergtouristen gleich wieder verjagen, nur schafft es Greider, wie sich der Fremde nennt, die Brüder mit Geld und über deren Eitelkeit umzustimmen. Denn Greider ist da, um Fotos zu machen. Von den Dorfbewohnern und der gewaltigen Naturkulisse. Sagt er zumindest. Doch schnell wird klar, daß sowohl der Wintergast als auch die Dorfbewohner selbst dunkle Geheimnisse bergen, deren Offenbarung das Ende des Dorffriedens bedeutet.

Mit einem zumindest im Hollywoodvergleich lachhaften Budget schaffen es Prochaska und seine Crew von Beginn an, eine äußerst stimmige Atmosphäre zu kreieren, die einem die Angst vorm befürchteten Debakel oder auch nur einem weiteren netten Versuch schnell zu nehmen schafft. Der Film hat über weite Strecken einen hervorragenden Rhythmus und eine zielsichere Tonalität. Daß ihm gen Ende inszenatorisch ein paar Male die Pferde durchgehen und dann doch eben nicht alles so perfekt sitzt wie die Kostüme und der Dialekt der Darsteller, verzeiht man dem Film angesichts seiner wirklich beeindruckenden Gesamtleistung gern: ein deutschsprachiges Genrewerk jenseits von Lächerlichkeit, Schlaumeierei oder Überambition. Hut ab.

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...