Originaltitel: CH?OPI

Polen/Serbien/Litauen 2023, 115 min
FSK 12
Verleih: Plaion

Genre: Drama, Experimentalfilm

Darsteller: Kamila Urzedowska, Robert Gulaczyk, Miros?aw Baka

Regie: Hugh Welchman, DK Welchman

Kinostart: 12.09.24

1 Bewertung

Das Flüstern der Felder

Geht runter wie Öl

Da ist überhaupt nichts Despektierliches an der Überschrift! Hugh und DK Welchman haben es einfach wieder getan. Sieben Jahre nach ihrem weltumspannenden Erfolg LOVING VINCENT legt das Regieduo ein nächstes animationsstilistisch packendes Werk vor, das vor allem noch einmal jenes Kinopublikum staunen lassen dürfte, das glaubt, schon so gut wie alles gesehen zu haben. Der frappierende Effekt von DAS FLÜSTERN DER FELDER – knapp gesagt: fließende, von 100 Künstlerhänden gemalte Ölbilder auf von echten Darstellern gespielten Szenen– wird sich ein weiteres Mal einstellen, wenngleich die Narration der Geschichte diesmal nicht nur an der Oberfläche gelebte Historie atmet. Reichlich 100 Minuten für 1000 Seiten eines vor 100 Jahren mit dem Nobelpreis gekrönten Buches: W?adys?aw Reymonts „Die Bauern“ spiegelt das polnische Land im 19. Jahrhundert, zeigt Traditionen, Riten, Kultur, Wodka, Polka, Gewalt und Gottesfurcht. Von heute aus besehen, stellen die Welchmans mit diesen Elementen den Fokus auf Jagna scharf, die sich den Konventionen im Dorf nicht fügt. Es ist keine Überraschung.

Für die Arbeit auf den Feldern sei sie nicht gemacht, sagt die schöne, junge Frau, eher für das muntere Treiben als Wildfang. Es sind die anderen, die glauben zu wissen, was gut für sie ist. Ein Leben in Armut jedenfalls nicht, weiß Jagnas Mutter und hat Pläne. Solche hat auch der einflußreiche Bauer Boryna, dem gerade die Frau gestorben ist. Dumm nur, daß Jagna ausgerechnet mit dessen verheiratetem und eh schon widerborstigem Sohn Antek mehr als nur herumschwarwenzelt und auch den grundlegenden Respekt für Borynas Töchter vermissen läßt. Ist der Ruf erst ruiniert …

Vier Jahreszeiten dauert DAS FLÜSTERN DER FELDER und sucht beim Triggern der Emotionen das gesamte Spektrum. Was sich anfangs im Schlichten manifestiert, im Gewimmel eines folkloristischen Potpourris, und man sich fragt, für welches Ziel sich hier bitte eine Gruppe formieren soll, findet der Film seinen Ton, auch den dunklen, harten, allegorischen. Der Winter hat daran maßgeblichen Anteil, ebenso die Erweiterung der Handlung aufs ganze Dorf und daß der Animationsstil eben auch präzise Gesten, Gesichtszüge und Mundbewegungen der Charaktere ermöglicht. Das wird dann schnell zu atemberaubender Kinokunst.

[ Andreas Körner ]