D/CH 2019, 122 min
FSK 6
Verleih: Rise And Shine
Genre: Dokumentation, Polit
Regie: Marcus Vetter
Kinostart: 12.12.19
Wenn einmal im Jahr das Weltwirtschaftsforum in Davos tagt, begrüßt dessen Gründer Klaus Schwab hunderte Mitglieder der globalen Elite aus Wirtschaft und Politik, die sich im noblen Tagungsort dem Dialog und (mindestens ebenso wichtig) der Anbahnung neuer Businessdeals widmen. Als Schwab das Forum 1971 gründete, wollte er die führenden Köpfe der Welt vernetzen. Heute ist diese Vernetzung im Global Village ohnehin Realität, und es geht stattdessen darum, reale Begegnungen jenseits der eigenen Filterblasen zu ermöglichen.
Schwab hat längst begriffen, daß die Legitimität seines Lebenswerks davon abhängt, ob er die Weltöffentlichkeit davon überzeugen kann, daß dieses Gipfeltreffen der Mächtigen transparent abläuft und die Welt zum Besseren verändert. Die großen Debatten und Pressekonferenzen in Davos werden daher inzwischen live ins Internet gestreamt. Die Hinterzimmergespräche blieben bisher allerdings vor der Öffentlichkeit verborgen. Regisseur Marcus Vetter ist nun angetreten, das zu ändern. Dieses groß angekündigte Vorhaben gelingt ihm allerdings nur bedingt. Mehrfach werden Gespräche angesichts der Kamera abgebrochen oder gar nicht erst begonnen. Lobenswert ist es, daß diese Brüche im Film sichtbar bleiben.
Wirklich Neues erfährt man in den knapp zwei Stunden allerdings nur bedingt, während man dem eitlen Tanz (mehrheitlich) alter weißer Männer zuschaut, die sich auf und neben der Bühne in Imponiergehabe und Sozialrhetorik üben. Für ein paar Augenblicke der Wahrhaftigkeit sorgen die resolute Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan und Greta Thunberg, deren unerschrockene Rede in Davos Anfang 2019 dazu beitrug, sie selbst und den von ihr initiierten Klimaprotest weltweit bekannt zu machen. Die wenigen weiteren Momente, in denen es Vetter auch ohne Kronzeugen vor der Kamera gelingt, Schwab und sein Projekt kritisch zu hinterfragen, lassen sich leider an einer Hand abzählen und offenbaren das Dilemma, in dem jeder Regisseur steckt, wenn er sein „exklusives“ Recht auf Einblick nicht verspielen will.
DAS FORUM bewegt sich folglich notgedrungen zwischen Hofberichterstattung und Investigation, kommt aber keinem der beiden Extreme wirklich nahe. Letztlich muß jeder selbst entscheiden, ob dieser Film neue Erkenntnisse vermitteln kann oder eher als Teil der Rechtfertigungsmaschinerie dazu beiträgt, Verantwortlichkeiten zu verschleiern.
[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.