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Das grüne Wunder – Unser Wald

Lehrreiches ohne Belehrung

Ach, die Deutschen und ihr Wald. Wir holen hier jetzt mal nicht so weit aus, vertiefend Elias Canettis „Masse und Macht“ zu bemühen, in dem der Autor postuliert, ohne den Wald und seine mythologische Überhöhung wären aus zottligen Germanen nicht die Deutschen geworden, die sie dann geworden sind (wie etwa auch die Engländer ohne das Meer nicht geworden wären, was sie sind). Nun kann man dem Wald ja nicht wirklich die Schuld für deutsche Mentalität und daraus folgende Historie geben. Will auch keiner. Interessant bleibt aber dennoch die eigentümliche und wohl doch recht deutsche Faszination für den Wald, der dann folgerichtig in Jan Hafts Naturdoku „unser Wald“ wird. Und als solcher ist der nicht weniger als ein grünes Wunder. Das lebt in diesem Film tatsächlich als solches auf.

Natur-und Tierdokumentationen gibt es ja, man kann da getrost von einer Renaissance sprechen, inzwischen einige im Kino. Und alle funktionieren sie ähnlich: Als imposante Bilder, die mit imposanter Musik unterlegt sind und imposant kommentiert werden. Natur als XXL-Kino. Auch DAS GRÜNE WUNDER – UNSER WALD ist davon nicht ganz frei. Aber zum Glück kann die heimische Flora und Fauna weder mit Wal, Königstiger oder Condor aufwarten (um mal was echt Imposantes zu nehmen), sondern bietet die Wunder eine Nummer kleiner. Und Regisseur Jan Haft sei Dank – der Film paßt sich dem an.

Ganz große Pluspunkte dabei: Der Kommentar (gesprochen von Benno Fürmann) hält auch mal die Klappe. Wie auch die Musik, ziemlich obligat imposant im Klassikmodus, immer mal wieder verstummt. Immer dann kann das Wunder sich entfalten. Das Windrauschen, das Vogelzwitschern und das Licht, das durch die Bäume fällt … Man hört und sieht. Und denkt, ach ja, unser Wald – wie schön.

Und natürlich gibt es auch etwas zu lernen. Ohne Belehrton wird man belehrt, so wie der Kommentar lobenswerterweise auch auf Diminutivexzesse beim Anblick von Rehkitz oder Babyfuchs verzichtet. Entlang der Jahreszeiten, im Frühling beginnend, wird hier durch den Tann gestapft. Eine Exkursion, die mitunter ins mikroskopisch Kleine blickt, dann wieder den Kopf in den Nacken legt, hinauf zu den hohen Wipfeln.

Und klar sind röhrende Zwölfender im Herbstnebel imposant, und es geht auch in Ordnung, daß die Tonspur bei diesen Bildern, generell erstklassig fotografiert, auch mal ins Imponiergehabe kippt. Ist halt manchmal so beim Anblick von Wundern.

D 2012, 93 min
FSK 0
Verleih: Polyband

Genre: Dokumentation, Natur

Stab:
Regie: Jan Haft
Stimmen: Benno Fürmann

Kinostart: 13.09.12

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.