D 2023, 90 min
FSK 0
Verleih: Real Fiction

Genre: Dokumentation

Regie: Moritz Springer

Kinostart: 28.09.23

1 Bewertung

Das Kombinat

Am Anfang die Idee – und dann?

Was machen Menschen mit ihrer Getriebenheit? Daniel Überall („Der heißt wirklich so!“), bereits als Erstkläßler durch Altklugheit auffällig geworden, nahm sich Simon Scholl zur Seite, zwecks gemeinsamer Gründung eines Betriebes Sozialer Marktwirtschaft. Den nannte man „Kartoffelkombinat“, vielleicht ironisch sozialistischem Vokabular angelehnt, vielleicht nicht. Sein Grundgedanke jedenfalls bietet kapitalistischer Struktur die Stirn; Produzenten und Verbraucher sind dieselben Personen, Profit will keiner scheffeln, nur fair anbauen, ernten, entlohnen. Ziele: generationenübergreifende Nachhaltigkeit, Orientierung der Gesellschaft am tatsächlichen Bedarf, irgendwann Veränderung der Realität.

So viele Ideen, derartiger Idealismus benötigen Leuchtkraft, rein filmische Betrachtung findet allerdings bloß Spurenelemente dessen. Logisch zwar, daß man buddelnden, diskutierenden, sinnenden Menschen keine Kinooptik entquetschen kann, ein kleines bißchen mehr als das wäre dennoch wünschenswert gewesen, audiovisuelle Brüche hier und dort. Blasses Abbilden muß indes genügen, die üblichen Talking Heads, welchen man außerdem nie nahekommt, weil sie – abgesehen von den beiden Schöpfern – nicht mal kommunizierte Namen tragen, austauschbare Wesen bleiben. Im Hintergrund päpt dazu ein übler, zunehmend nervtötender Mix aus Blasmusik, Akkordeon und Keyboard vor sich hin, während die Mitglieder einstimmig Investitionen von 1,5 Millionen absegnen. Wer das nicht stemmen kann oder möchte, kauft Möhren, Lauch und Auberginen halt schuldbewußt weiter woanders.

Und schon schleicht sie heran, die Frage bezüglich Umfangs und Verhältnismäßigkeit, nach einer halben Stunde klarer Werbung dann auch öffentlich gestellt. Es hakt zwischen Daniels und Simons Sicht, die Kamera fängt plötzlich vorsichtige Kritik ein – obwohl man unverzagt beim Teammeeting zuerst den zeitlichen Rahmen (anderthalb Stunden, bitte nicht länger) abzirkelt.

Nun verhandelt die Doku, wo das hehre Ganze an Grenzen stößt, gibt Hoffnungen und Visionen Raum, lauscht Sorgen und Ängsten, blickt stetig schwindender Energie hinterher, ohne jedoch den konsequent trockengelegten Modus aufzugeben. „Zu groß, zu anonym, zu unternehmerisch“ lautet ein Vorwurf. Man mag hinzufügen: gut gemeint, aber zu wenig leidenschaftlich. Etwas, dem sich diese Beobachtung letztlich anpaßt.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...