D/Tansania 2024, 102 min
FSK 12
Verleih: Salzgeber
Genre: Dokumentation
Regie: Agnes Lisa Wegner, Cece Mlay
Kinostart: 23.05.24
Verdrängung ist ein komplexer Prozeß. Ein notwendiger, um Gedanken zu fokussieren, durch den Alltag zu gehen. Eine Fähigkeit, zwischen dem Vergegenwärtigen, Vergewissern, Ausblenden und Beiseiteschieben abzuwägen. Das ist eine notwendige Abwehr, ein Schutz, aber auch ein Privileg, das man haben und mißbrauchen kann. Eine Distanzierung, sich von Vergangenem loszusagen, die Betroffenen indes unmöglich ist.
Agnes Lisa Wegner und Cece Mlay positionieren sich mit ihrem ergreifenden Dokumentarfilm über die Aufarbeitung von Kolonialverbrechen und die Verschleppung menschlicher Gebeine in einer Phase, die von Dekolonialismus-Diskursen, Versuchen einer Entschädigung, aber auch von deren Unmöglichkeit und eben jener kollektiven Verdrängung geprägt ist. DAS LEERE GRAB spielt an Orten des Schmerzes, der Trauer, der Mahnung, der Konservierung – Museen, Archive, voll von gefangenen, geraubten Geschichten. Emotionales Erfahren, Berichten, Recherchieren, Tätigwerden und die Frage der Bildung und Tradierung fallen in diesem Film – und das ist seine beachtliche Leistung – in eins. Als Aufzeigen einer von Verbrechen und Leid unterwanderten Gegenwart anhand ganz konkreter Konstellationen, Spuren und Personen zwischen Deutschland und Tansania.
Die Restitutionsdebatte, der sich etwa auch Mati Diops diesjähriger Berlinale-Gewinner DAHOMEY aus einer dezidiert künstlerischen Sicht widmet, stößt hier ins Dunkelste, Traumatischste vor, dorthin, wo menschliche Trauer als Ritual und Mittel der Bewältigung gewaltsam verwehrt wurde und wird. Über Generationen werden solche Traumata vererbt, während anderswo noch immer Straßen die Namen der Täter tragen.
[ Janick Nolting ]