D 2017, 100 min
FSK 12
Verleih: Real Fiction
Genre: Drama, Polit
Darsteller: Catrin Striebeck, Christoph Bach, Samy Abdel Fattah
Regie: Peter Ottm
Kinostart: 08.02.18
Wer ist Freund? Wer Feind? Wer wechselt die Seite und warum? Die Unklarheit über die Motive und Zugehörigkeit der Handelnden gehört zur Grundausstattung eines jeden Thrillers. Im Gegensatz zu den meisten Produktionen des Genres weist DAS MILAN PROTOKOLL allerdings ein äußerst realistisches Setting auf, das bewußt mit Elementen des Dokumentarfilms arbeitet. Angesiedelt im Nordirak und in Nordsyrien zeigt der Film einen Teil der dortigen Realität, der über die üblichen knappen Nachrichtenausschnitte aus der Region hinausweist.
Erzählt wird die Geschichte der deutschen Ärztin Martina, die für eine Hilfsorganisation im Nordirak arbeitet und nach einem humanitären Einsatz in Syrien entführt wird. Sie wird nach Mossul gebracht, das zum Zeitpunkt der Handlung noch vom IS besetzt ist. Doch statt sie den radikalen Islamisten auszuliefern, verstecken ihre bärtigen Entführer Martina in einem Haus. Zu welchem Zweck, bleibt ihr und dem Zuschauer lange unklar.
Daß Martina die Entführung überleben wird, steht hingegen früh fest. Der Film setzt auf eine nichtlineare Erzählweise mit zahlreichen Zeitsprüngen. So sieht man die couragierte Ärztin, die fließend Kurdisch und Arabisch spricht, plötzlich in einer Befragung durch den aalglatten BND-Geheimdienstler Moses. Er will dem Schmuggel mit MILAN-Panzerabwehrraketen der Bundeswehr auf die Spur kommen. Bald ist klar, daß Martina eigene Interessen verfolgt.
„There Are Too Many Players In The Game“, sagt einer der Entführer in einer Szene, und das trifft auch auf den Film als Ganzes zu. Nach jeder Wendung denkt man, es nun verstanden zu haben, aber das stellt sich wenig später wieder als Irrtum heraus. Diese Konstruktion spiegelt die unübersichtlichen Konfliktlinien in der Region, wo Iraker, Kurden, Syrer, Türken und diverse Stämme, Milizen und Geheimdienste über Kreuz liegen. Es erschwert dem Zuschauer jedoch auch eine Einordnung des Geschehens.
Regisseur Peter Ott ist ein ausgewiesener Kenner der Region. Durch persönliche Kontakte und Beharrlichkeit schaffte er es, an Originalschauplätzen im Nordirak zu drehen, was dem Film große Authentizität verleiht. Die spröden Bilder sind mit einem elektronisch-treibenden Sound unterlegt, der die latente Bedrohung, die permanent über allen Situationen liegt, noch verstärkt. Zurück bleibt vor allem ein Gefühl der Fremdheit, das von dieser wüstenartigen, halb zerstörten Weltgegend ausgeht.
[ Dörthe Gromes ]