D/F/Spanien 2006, 147 min
FSK 12
Verleih: Constantin
Genre: Drama, Historie, Literaturverfilmung
Darsteller: Ben Whishaw, Dustin Hoffman, Alan Rickman, Rachel Hurd-Wood, Karoline Herfurth, Corinna Harfouch, Jessica Schwarz, Birgit Minichmayr
Regie: Tom Tykwer
Kinostart: 14.09.06
Weil Patrick Süskinds gleichnamiger Weltbestseller vermutlich keiner großen Worte bedarf, beschränken wir uns inhaltlich pro forma auf das Allergröbste: Frankreich, 18. Jahrhundert. Jean-Baptiste Grenouille ist von Düften besessen und möchte ein andere Menschen beherrschendes Parfum kreieren. Dabei fallen ihm diverse Jungfrauen zum Opfer.
Lange Zeit weigerte sich der Autor, die Rechte an seinem Werk zu verkaufen – bis Bernd Eichinger anklopfte und gerüchteweise zehn Millionen Euro in der Tasche trug. Unser erfolgsverwöhnter Produzent ließ es sich nicht nehmen, am Skript mitzufeilen und übergab Tom LOLA RENNT Tykwer die Gesamtleitung. So weit, so dezent besorgniserregend ... Beiden war aber zum Glück bewußt, daß sich dieses Buch nicht ohne umfassende Anpassungen verfilmen lassen würde. Folgerichtig weist die Adaption vielerlei neu Hinzugefügtes, komplett Weggefallenes oder schlicht Geändertes auf. Schön ist das Bemühen, stets im Geiste der Vorlage zu verfahren. Bedauerlich allerdings, wie umfassend sich dieser trotzdem verflüchtigte.
So wird Süskinds messerscharfer Wortwitz, sofern noch vorhanden, vom überlauten metaphorischen Rascheln prunkvoller Kostüme verschluckt, ätzend zynische, auch entlarvende Sequenzen wie der Tod Madame Gaillards verdichten sich zu kurz abgehandelten Szenen ohne jede Wirkung. Ein didaktischer Off-Sprecher treibt den ehemals tiefsinnigen inneren Monologen alle Bedeutung aus. Und Grenouille, im Roman als häßlicher, vernarbter Zwerg beschrieben, erblüht kurzerhand nicht nur zum höchst attraktiven Jüngling, nein. Der einst als haßerfüllter Verächter jeglicher Humanität Charakterisierte bewegt sich hier außerdem wesentlich weicher, menschlicher, schließlich sogar bis zur Kitschnähe mitleiderregend durch seine kalte Welt aus perfektionistischer Kameraarbeit und verbissen detailverliebter Ausstattung. Ob all das in Süskinds Sinne gewesen sein kann? Wir erlauben uns Zweifel.
Tykwer und Eichinger scheitern am gleichen Problem wie Parfumeurmeister Baldini beim Versuch, das Konkurrenzerzeugnis "Amor und Psyche" zu reproduzieren: Sie besitzen das fertig zusammengefügte Ausgangsmaterial, kennen auch zumindest einige der Ingredienzien. Die letztlich alles zum Leben erweckende Essenz jedoch fehlt ihrem Aufguß.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...